Jura Update

Bundesgerichtshof entscheidet über die Veröffentlichung eines Fotos von Sabine Christiansen beim Einkaufen mit ihrer Putzfrau

2. Juli 2008

Die Klägerin ist eine bekannte deutsche Fernsehjournalistin. Die Beklagte veröffentlichte in der von ihr verlegten Zeitschrift “Bild der Frau” ein Foto, welches die Klägerin mit ihrer Putzfrau beim Einkaufen in Puerto Andratx auf Mallorca zeigt. Foto und dazugehöriger Text befanden sich auf einer bebilderten Seite mit der Überschrift “Was jetzt los ist auf Mallorca”. Das Bild ist mit dem Begleittext versehen: “ARD-Talkerin … beim Shopping mit ihrer Putzfrau im Fischerdorf Puerto Andratx. Ihre Finca liegt romantisch zwischen Mandelbäumen am Rande von Andratx.”

Das Kammergericht hat dem auf Unterlassung der Veröffentlichung dieses Bildes gerichteten Antrag der Klägerin stattgegeben.

Der u. a. für Presserecht (hier: Recht am eigenen Bild) zuständige VI. Zivilsenat hat das Urteil im Ergebnis bestätigt.

Das beanstandete Bild zeigt – worauf der Begleittext selbst hinweist – die Klägerin in einer (völlig) belanglosen Situation. Der Nachrichtenwert der Berichterstattung hat keinerlei Orientierungsfunktion im Hinblick auf eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte. Eine solche Berichterstattung, die nur der Befriedigung des Unterhaltungsinteresses bestimmter Leser dient, rechtfertigt es bei der gebotenen Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht und Pressefreiheit nicht, in das Recht der Klägerin am eigenen Bild einzugreifen (BGH, Urteil vom 1. Juli 2008- VI ZR 243/06).

Quelle: Pressemitteilung Nr. 127/08 vom 01.07.2008 auf www.bundesgerichtshof.de

Bundesgerichtshof entscheidet erneut über die Veröffentlichung eines Bildes von Caroline Prinzessin von Hannover

2. Juli 2008

Die Klägerin, Caroline Prinzessin von Hannover, hat sich gegen die Veröffentlichung eines Fotos in der von dem Beklagten verlegten Zeitschrift gewandt. Diese hatte einen Artikel über die Vermietung einer Ferienvilla des Ehemannes der Klägerin auf einer Insel vor Kenia veröffentlicht, der u. a. mit einer Aufnahme dieser beiden Personen bebildert war. Die Fotografie ist während eines Urlaubsaufenthalts der Abgebildeten entstanden und zeigt die Personen auf belebter Straße. Die Klägerin begehrt Unterlassung der erneuten Veröffentlichung der beanstandeten Aufnahme.

Das Landgericht hat der Klage im Hinblick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 24. Juni 2004 stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen, weil nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Schutz der Privatsphäre der Abgebildeten hinter das mit der Pressefreiheit verwirklichte Informationsinteresse der Allgemeinheit zurücktrete, wenn die veröffentlichte Aufnahme die abgebildete Person in der Öffentlichkeit zeige. Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Klägerin mit Urteil vom 6. März 2007 das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Urteil aufgehoben und die Sache an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen. Es hat eine nähere Würdigung des Berichts, dem die Aufnahme beigefügt war, im Hinblick auf dessen Informationsgehalt vermisst. Der Bericht über die Vermietung der Villa an Dritte sei mit wertenden Anmerkungen versehen, die Anlass für sozialkritische Überlegungen der Leser sein könnten. Das könne Anlass für eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte. geben und es grundsätzlich rechtfertigen, die Vermieter des in dem Beitrag behandelten Anwesens im Bild darzustellen.

Der u. a. für Fragen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat hat nunmehr die Klage abgewiesen. Als Ergebnis der gebotenen erneuten Abwägung zwischen den Rechten der Klägerin und der Pressefreiheit der Beklagten entsprechend den vom Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss aufgestellten Grundsätzen müsse das Persönlichkeitsrecht der Klägerin zurückstehen. Das mit der Pressefreiheit geschützte Informationsinteresse der Öffentlichkeit erscheine gewichtiger. Der von der Klägerin inhaltlich nicht beanstandete Artikel befasse sich – wie das Bundesverfassungsgericht dargelegt habe – damit, dass auch “die Reichen und Schönen” ein gewandeltes Konsumverhalten zeigten und nicht genutzte Immobilien vermieteten, hier für 1.000 US-Dollar täglich. Das könne zu einer Debatte von öffentlichem Interesse führen. Dies gestatte die Beifügung des Fotos der Klägerin auch ohne deren Einwilligung (BGH, Urteil vom 1. Juli 2008 – VI ZR 67/08).

Quelle: Pressemitteilung Nr. 126/08 vom 01.07.2008 auf www.bundesgerichtshof.de

Schwerpunkte des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts

30. Juni 2008

Der Deutsche Bundestag hat am 26.06.2008 das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) beschlossen.

Die Schwerpunkte finden Sie in dem folgenden Link:  http://www.bmj.bund.de/files/-/3181/MoMiG_Schwerpunkte_260608.pdf

Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes – Darlegungs- und Beweislast

27. Juni 2008

Nach § 23 Abs. 1 KSchG bedürfen ordentliche Kündigungen in Kleinbetrieben keiner sozialen Rechtfertigung. Kleinbetriebe sind ua. solche, die in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer beschäftigen. Will ein Arbeitnehmer im Prozess geltend machen, eine ordentliche Kündigung sei sozial ungerechtfertigt und deshalb unwirksam, so muss er darlegen und beweisen, dass die nach § 23 Abs. 1 KSchG erforderliche Beschäftigtenzahl (mehr als zehn Arbeitnehmer) erreicht ist. Der Arbeitnehmer genügt seiner Darlegungslast bereits dann, wenn er die ihm bekannten Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass kein Kleinbetrieb vorliegt. Der Arbeitgeber muss sich daraufhin vollständig zur Anzahl der Beschäftigten erklären. Bleibt auch nach Beweiserhebung unklar, ob die für den Kündigungsschutz erforderliche Beschäftigtenzahl erreicht ist, geht dieser Zweifel zu Lasten des Arbeitnehmers. Das hat heute der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden und damit die bisherige Rechtsprechung bestätigt.
Im Streitfall hatte die Klägerin geltend gemacht, eine von der Beklagten ausgesprochene ordentliche Kündigung sei sozial ungerechtfertigt iSd. § 1 KSchG und daher unwirksam; die Beklagte beschäftige 14 Arbeitnehmer und sei deshalb kein Kleinbetrieb. Die Beklagte hatte eingewandt, die Kündigung bedürfe keiner sozialen Rechtfertigung, weil sie in ihrem Betrieb nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftige. Die Vorinstanzen hatten die Klage abgewiesen, weil die Klägerin nicht ausreichend konkret dargelegt habe, dass die Beklagte mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftige.
Die Revision der Klägerin führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht. Zwar trifft auch nach der zum 1. Januar 2004 vom Gesetzgeber eingeführten Erhöhung der für Kleinbetriebe maßgeblichen Höchstbeschäftigtenzahl von fünf auf zehn Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast nach wie vor den Arbeitnehmer. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch zu hohe Anforderungen an den erforderlichen Tatsachenvortrag der Klägerin gestellt. Deshalb musste das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur weiteren Aufklärung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen werden (BAG, Urteil vom 26. Juni 2008, 2 AZR 264/07).

Quelle: Pressemitteilung Nr. 55/08 vom 26.06.2008 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Landgericht München I: „Eltern haften für ihre Kinder, auch im Internet“

27. Juni 2008

Nach einem am 19.6.2008 verkündeten Urteil der 7. Zivilkammer können Eltern neben ihren Kinder haftbar gemacht werden, wenn diese mittels des bereitgestellten elterlichen Internetzugangs urheberrechtlich geschützte Werke Dritter widerrechtlich und schuldhaft öffentlich zugänglich machen. Die damals 16-jährige Tochter der beklagten Eltern stellte auf den Internetportalen www.myvideo.de und www.video.web.de Videos ein, die aus 70 Fotografien hergestellt waren, deren Urheberrechte bei der Klägerin lagen. Die Klägerin nahm neben der Tochter auch die Eltern auf Auskunft und Schadensersatz in Anspruch. Eine Unterlassungserklärung war bereits außergerichtlich abgegeben worden. Die Klägerin ist der Auffassung, die Eltern hafteten ebenfalls nach den Grundsätzen der Störerhaftung, denn sie hätten ihre elterlichen Belehrungs- und Prüfungspflichten verletzt. Sie hätten ihrer Tochter einen Internetanschluss zur Verfügung gestellt und diese dort nach Belieben schalten und walten lassen, ohne die Nutzung des Internets im Rahmen der elterlichen Aufsichtspflicht weiter zu prüfen. Die Beklagten stellten eine Pflichtverletzung in Abrede. Ihre Tochter sei – was das Internet betreffe – versierter als sie. Sie habe in der Schule einen IT-Kurs belegt. Bislang sei es zu keinen Verstößen gekommen. Der Zugang zum Internet sei für Eltern heutzutage schlechthin nicht zu kontrollieren.
Das Gericht gab jedoch der Klägerin Recht.

Die Beklagten haben nach Auffassung der Kammer ihre elterliche Aufsichtspflicht verletzt. Grundsätzlich bedürfen nach der Rechsprechung des BGH Minderjährige stets der Aufsicht. Der Aufsichtspflichtige (hier die Eltern) kann sich jedoch entlasten, wenn er nachweist, dass er entweder seine Aufsichtspflicht erfüllt hat, oder dass der Schaden auch bei gehöriger Beaufsichtigung oder wiederholter Belehrung entstanden wäre. Der Aufsichtsichtspflichtige hat seine Pflicht erfüllt, wenn er das im Hinblick auf Alter, Eigenart und Charakter des Aufsichtsbedürftigen sowie das im Hinblick auf die zur Rechtsgutverletzung führende konkrete Situation Erforderliche getan hat.
Das Maß der gebotenen Aufsicht bestimmt sich bei Minderjährigen nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes sowie nach der Voraussehbarkeit des schädigenden Verhaltens, insgesamt danach, was verständige Eltern vernünftigerweise in der konkreten Situation an erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen treffen müssen, um Schädigungen Dritter durch ihr Kind zu verhindern. Der Aufsichtspflichtige muss sich daher zur Feststellung des Umfangs seiner Pflicht auch darum kümmern, womit sich die Kinder in der Freizeit beschäftigen, sie insoweit gelegentlich beobachten, beim Aufräumen des Kinderzimmers und Säubern der Kleidung auf Gegenstände achten, mit denen sich die Kinder beschäftigen.

Nach Meinung der Kammer konnten die Beklagten jedoch nicht nachweisen, ihrer Belehrungspflicht nachgekommen zu sein.

Wörtlich heißt es dazu:

„Eine einweisende Belehrung [die vorliegend nicht erteilt worden war] ist hierbei jedoch grundsätzlich zu fordern, da die Nutzung eines Computers mit einem Internetanschluss – soweit keine „Flat-Rate“ vereinbart worden ist – nicht nur erhebliche Verbindungsgebühren verursachen kann, sondern auch erhebliche zivilrechtliche Haftungsrisiken birgt, von den Gefahren, die durch jugendgefährdende Inhalte ausgehen, ganz zu schweigen. Ein mit dem Internet verbundener Computer steht insoweit einem „gefährlichen Gegenstand“ im Sinne der oben zitierten Rechtssprechung gleich.

Soweit die Beklagten zu 1 und 2 darauf verweisen, dass vorliegend eine Belehrung ausnahmsweise entbehrlich gewesen sei, da ihre Tochter technisch auf dem Gebiet Computer/Internet wesentlich versierter gewesen sei, ist dies mit der Frage der haftungsrechtlichen Risiken der Internetnutzung nicht gleichzusetzen.

Auch aus dem von der Beklagten zu 3 [der Tochter] besuchten IT-Kurs in der Schule kann ein Entfallen der Belehrungsbedürftigkeit nicht gefolgert werden, da dessen Lerninhalte nicht mitgeteilt wurden.

Ob aufgrund der allgemeinen Diskussion, insbesondere bezüglich der urheberrechtlichen Zulässigkeit sogenannter Tauschbörsen im Internet, der Belehrungsbedarf bei der Beklagten zu 3 entfallen ist, ist zweifelhaft. Es hätten gute Gründe dafür gesprochen, dies zum Anlass eines Belehrungsgesprächs zu nehmen. Diese Frage kann vorliegend aber offen bleiben.

Denn unabhängig von der Notwendigkeit eines einleitenden Belehrungsgespräches erfordert die elterliche Aufsichtspflicht auch eine laufende
Überwachung dahingehend, ob sich die Internetnutzung durch das Kind in dem durch die einweisende Belehrung gesteckten Rahmen bewegt .

Die Beklagten zu 1 und 2 haben nichts dazu vorgetragen, dass, wann und wie eine derartige Überwachung stattgefunden hat. Sie haben auch keine stichhaltigen Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass eine laufende Überwachung ausnahmsweise entbehrlich war. […]“

(Verfahren des Landgerichts München I, Az. 7 O 16402/07, bei Veröffentlichung noch nicht rechtskräftig)

Quelle: Pressemitteilung Nr. 33/08 vom 25.06.2008 auf www.justiz.bayern.de/gericht/lg/m1/

Änderungskündigung wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes als Hausmeister

27. Juni 2008

Eine Änderungskündigung wegen Wegfalls des bisherigen Arbeitsplatzes ist unwirksam, wenn der Arbeitgeber die an sich notwendigen Anpassungen nicht auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt, sondern darüber hinausgehende – nicht notwendige – Änderungen vornehmen will.
Der Kläger war seit 1990 bei der beklagten Kirchengemeinde als Hausmeister in einem Gemeindehaus beschäftigt. Nach dem auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findenden BAT-KF ist er ordentlich unkündbar. Das Gemeindehaus wurde zum 1. Oktober 2006 geschlossen. Die Beklagte bot dem Kläger die Stelle eines Küsters in ihrer Gemeindekirche unter der Bedingung an, dass er in die Küsterwohnung einziehe. Nachdem der Kläger dies abgelehnt hatte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 7. April 2006 und bot ihm dessen Fortsetzung als Küster und Hausmeister der Kirche ab dem 1. Januar 2007 an, verbunden mit dem Bezug der Dienstwohnung. Der Kläger nahm das Änderungsangebot nicht – auch nicht unter Vorbehalt – an.
Der vom Kläger gegen die Änderungskündigung erhobenen Klage hat das Bundesarbeitsgericht – wie schon die Vorinstanzen – stattgegeben. Die Änderungskündigung ist unwirksam, weil das Änderungsangebot der Gemeinde sich nicht auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt hat. Es bestand keine Notwendigkeit, vom Kläger den Bezug der Dienstwohnung zu verlangen. Der Kläger hatte die vorherige Tätigkeit unweit der Gemeindekirche ebenfalls von seiner privaten Wohnung aus verrichtet, ohne dass es zu Unzuträglichkeiten gekommen wäre. Die Küsterordnung der evangelischen Kirche verlangt ebenfalls nicht zwingend, dass der Kläger in unmittelbarer Nähe der Kirche wohnt (BAG, Urteil vom 26. Juni 2008, 2 AZR 147/07)

Quelle: Pressemitteilung Nr. 54/08 vom 26.06.2008 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Gesetzlicher Teilzeitanspruch und Betriebsvereinbarung

26. Juni 2008

Arbeitnehmer haben nach § 8 TzBfG Anspruch auf Verringerung und Neuverteilung ihrer Arbeitszeit. Der Arbeitgeber kann den Teilzeitwunsch ablehnen, wenn ihm betriebliche Gründe entgegenstehen. Aus einer erzwingbaren Betriebsvereinbarung zur Regelung der Lage der Arbeitszeit im Betrieb können sich Gründe ergeben, auf Grund derer der Arbeitgeber die Zustimmung zu der vom Arbeitnehmer gewünschten Neuverteilung der Arbeitszeit verweigern kann.
Der Kläger ist Flugkapitän bei einem Luftfahrtunternehmen. Für die im Flugbetrieb der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer gilt das Betriebsverfassungsgesetz nicht (§ 117 Abs. 2 BetrVG). Eine tarifliche Regelung sieht vor, dass die bei der Beklagten gebildete Personalvertretung über die Feststellung der Umlaufpläne des Cockpitpersonals auf den einzelnen Flugstrecken mitzubestimmen hat. Eine „Betriebsvereinbarung Teilzeit“ regelt verschiedene im Betrieb der Beklagten angebotene Teilzeitmodelle. Die dort vorgesehenen Blockteilzeitmodelle werden nur auf das Kalenderjahr befristet angeboten.
Der Kläger verlangt die unbefristete Verringerung seiner Arbeitszeit um 30 Kalendertage. Die Blockfreizeit soll jeweils vom 17. Dezember bis 15. Januar des Folgejahrs dauern. Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte vor dem Neunten Senat keinen Erfolg. Dem Verringerungs- und Neuverteilungswunsch des Klägers stehen keine betrieblichen Gründe entgegen. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus der „Betriebsvereinbarung Teilzeit“. Die Beschränkung auf befristete Blockteilzeit in der Betriebsvereinbarung gilt nur für die auf ihrer Grundlage angebotenen Teilzeitmodelle. Der gesetzliche Anspruch auf unbefristete Verringerung und Neuverteilung der Arbeitszeit aus § 8 TzBfG kann durch eine Betriebsvereinbarung nicht zeitlich begrenzt werden. Der Senat hat erneut offengelassen, ob eine freiwillige Betriebsvereinbarung einem Teilzeitanspruch entgegenstehen kann (BAG, Urteil vom 24. Juni 2008, 9 AZR 313/07 – mit einer Parallelsache).

Quelle: Pressemitteilung Nr. 53/08 vom 24.06.2008 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Verringerung der Arbeitszeit

26. Juni 2008

Der Arbeitnehmer kann sein Angebot auf Verringerung der regelmäßigen Arbeitszeit gem. § 8 Abs. 2 TzBfG davon abhängig machen, dass der Arbeitgeber auch seinem Verteilungswunsch zustimmt. Er unterbreitet damit ein einheitliches Vertragsangebot. Der Arbeitnehmer darf auf Grund des Ergebnisses der Erörterung nach § 8 Abs. 3 TzBfG seinen Verteilungswunsch erstmals äußern oder einen vorher geäußerten Verteilungswunsch ändern. Danach ist er hieran gebunden.
Die Klägerin ist seit 1995 in der Rechtsanwaltskanzlei des Beklagten als Rechtsanwaltsfachangestellte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt. Nachdem die Parteien ihren Wunsch auf Verringerung der Arbeitszeit erörtert hatten, beantragte sie im Januar 2006 eine Verringerung der Arbeitszeit auf 33 Stunden bei einer Verteilung von Montag bis Donnerstag von 8.30 Uhr bis 12.30 Uhr und von 13.00 Uhr bis 16.00 Uhr sowie am Freitag von 8.30 Uhr bis 13.30 Uhr. Das lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 16. Januar 2006 ab. Mit ihrer beim Arbeitsgericht erhobenen Klage hat sie eine entsprechende Verringerung und Verteilung der Arbeitszeit geltend gemacht. Im Verlaufe des Prozesses hat sie ihren Verteilungswunsch mehrfach geändert.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Der Neunte Senat hat das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts wiederhergestellt. Die Klägerin durfte ihren Verteilungswunsch nicht mehr im Prozess ändern. Ihr verbleibt nur, erneut die Verringerung der Arbeitszeit zu beantragen und “dabei” (§ 8 Abs. 2 Satz 2 TzBfG) die Festlegung der nunmehr gewünschten Verteilung zu verlangen (BAG, Urteil vom 24. Juni 2008, 9 AZR 514/07).

Quelle: Pressemitteilung Nr. 52/08 vom 24.06.2008 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Bundesgerichtshof weist Klage im Fall Simonis vollständig ab

25. Juni 2008

Die Klägerin schied am 27. April 2005 aus dem Amt der Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein aus. Sie beanstandet, an diesem Tag und am Folgetag von Reportern der Beklagten verfolgt und fotografiert worden zu sein. Ferner beanstandet sie die Veröffentlichung einiger Fotos in der von der Beklagten herausgegebenen “Bild”-Zeitung, mit denen der Artikel vom 28. April 2005 “Danach ging Heide erst mal shoppen” illustriert war; die beanstandeten Fotos zeigen die Klägerin bei privaten Einkäufen. Das Landgericht Berlin hat die Beklagte zur Unterlassung der Bildveröffentlichung verurteilt. Es hat sie ferner verurteilt, darüber Auskunft zu erteilen, welche Bildnisse der Klägerin sie in Besitz hat, die sie aufgrund der Beobachtung der Klägerin am 27. und 28. April 2005 von drei Fotografen erhalten hat. Schließlich hat das Landgericht die Beklagte verurteilt, die Klägerin von Anwaltskosten für die Rechtsverfolgung freizustellen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Kammergericht die Unterlassungsklage abgewiesen; der Auskunfts- und Freistellungsklage hat es nur teilweise bezogen auf die am 28. April 2005 gefertigten Fotos stattgegeben. Dagegen haben beide Parteien Revision eingelegt. Der u. a. für Fragen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat hat die Klage nunmehr vollständig abgewiesen. Der Klägerin steht kein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der am 27. April 2005 gefertigten Fotos zu. Bei den Fotos handelt es sich um Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte, die ohne Einwilligung der Klägerin veröffentlicht werden durften. Für Personen des politischen Lebens ist ein gesteigertes Informationsinteresse des Publikums anzuerkennen. Die Fotos, welche die Klägerin in unverfänglichen Situationen in einem frequentierten Einkaufszentrum zeigen, wurden an dem Tag gefertigt, als die Klägerin nach rund zwölfjähriger Amtszeit unter spektakulären Umständen als Ministerpräsidentin abgelöst wurde. Im Hinblick darauf ist ein erhebliches Interesse der Öffentlichkeit an dem Verhalten der Klägerin unmittelbar nach ihrem Amtsverlust anzuerkennen. Die Information darüber, wie sich die bisherige Regierungschefin in dieser Situation präsentierte, hatte einen Bezug zur politischen Debatte. Ein Politiker kann sich in einer Situation, wie sie damals gegeben war, nicht ohne Weiteres der Berichterstattung unter Berufung auf seine Privatheit nach dem Amtsverlust entziehen. Der Bundesgerichtshof hat auch einen Auskunftsanspruch verneint, soweit es um Fotos vom 28. April 2005 geht. An diesem Tag bestand das Informationsinteresse der Öffentlichkeit noch fort, sodass dem Persönlichkeitsschutz der Klägerin kein Vorrang vor dem Berichterstattungsinteresse der Beklagten zukam. Ein Vernichtungs- oder Herausgabeanspruch – der grundsätzlich einen schweren Eingriff in das Recht der Presse zur Vorhaltung eines Pressearchivs darstellt – wäre unter diesen Voraussetzungen nur in Betracht gekommen, wenn eine Veröffentlichung der Bilder unter keinen Umständen zulässig wäre, wie etwa bei Fotos aus dem Bereich der Intimsphäre oder bei rechtswidriger Fertigung oder Erlangung der Fotos. Das war vorliegend nicht der Fall, sodass auch kein vorbereitender Auskunftsanspruch bestand, ebenso wenig wie ein Anspruch der Klägerin auf Freistellung von Anwaltskosten (BGH, Urteil vom 24. Juni 2008 – VI ZR 156/06).

Quelle: Pressemitteilung 120/08 vom 24.06.2008 auf www.bundesgerichtshof.de

Bundesverwaltungsgericht: Bezeichnungen wie „Réserve“ oder „Grande Réserve“ für einen deutschen Wein möglicherweise irreführend

23. Juni 2008

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute (18.06.2008; d.Redaktion) entschieden, dass die französische Bezeichnung „Réserve“ oder „Grande Réserve“ für einen deutschen Wein unter Umständen irreführend sein kann und dann nicht verwendet werden darf. Der Kläger, ein Winzer aus der Pfalz, möchte seine Weine mit (französisch) „Réserve” oder „Grande Réserve”, hilfsweise mit (deutsch) „Reserve” oder „Privat-Reserve” bezeichnen und so auf eine besondere Qualität der Weine hinweisen. Die beklagte Aufsichtsbehörde hält das für unzulässig. Die Klage war in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hatte ausgeführt, es würden geschützte Weinbezeichnungen aus anderen Mitgliedstaaten der EG verletzt. Der Kläger ahme nämlich vergleichbare Bezeichnungen aus Portugal, Spanien, Italien, Griechenland und Österreich nach, die unter besonderem Schutz stehen. Dagegen hatte das Oberverwaltungsgericht offen gelassen, ob die beabsichtigte Weinbezeichnung auch deshalb unzulässig sei, weil der Verbraucher irregeführt werde. Mit seiner Revision hat der Kläger geltend gemacht, die ausländischen Bezeichnungen seien nur in der jeweiligen Landessprache geschützt. Die französischen Bezeichnungen seien nicht geschützt und stünden ihm daher offen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt, ob dem zu folgen ist. Der Europäische Gerichtshof hat am 13. März 2008 entschieden, dass die Verwendung ausländischer Bezeichnungen oder ihrer Übersetzung zulässig sein kann, wenn die Gefahr einer Verwechslung oder Irreführung des Verbrauchers ausgeschlossen ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat daraufhin das behördliche Verbot hinsichtlich der deutschen Bezeichnung „Reserve“ bestätigt, weil diese wörtlich mit einer für Österreich geschützten Weinbezeichnung übereinstimme. Die übrigen Bezeichnungen könnten hingegen nur verboten werden, wenn die Gefahr einer Verwechslung oder Irreführung bestehe. Eine Verwechslung drohe freilich nicht. Der Verbraucher könne aber durch die französischen Bezeichnungen „Réserve“ und „Grande Réserve“ zu der irrigen Vermutung veranlasst werden, der deutsche Wein entspreche bestimmten französischen Qualitätsstandards. Auch hinsichtlich der deutschen Bezeichnung „Privat-Reserve“ könne der Verbraucher zudem eine besondere Qualität des Weines vermuten, die etwa auf längerer Reifung beruhe; dann läge eine Irreführung vor, wenn der Wein des Klägers diese besondere Qualität tatsächlich nicht aufweise. Weil das Bundesverwaltungsgericht die hierzu nötigen Feststellungen nicht selbst treffen kann, hat es die Sache insoweit an das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zurückverwiesen (BVerwG, 3 C 5.08 – Urteil vom 18. Juni 2008).

Quelle: Pressemitteilung 35/08 vom 18.06.2008 auf www.bundesverwaltungsgericht.de