10. Juni 2009
Besatzungsmitglieder eines Schiffes, auf deren Arbeitsverhältnisse der TVöD Anwendung findet, haben für die nach dem Ende der Dienste bestehende Anwesenheit an Bord des Schiffes nur dann einen tarifvertraglichen Anspruch auf Vergütung, wenn die Anwesenheit angeordnet worden ist. Eine konkludente Anordnung der Anwesenheit an Bord folgt für die Besatzung nicht schon aus dem faktischen Zwang, während des Aufenthalts auf See auch außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an Bord zu bleiben.
Der Kläger ist als leitender Ingenieur auf einem Mehrzweckschiff beschäftigt. Das Schiff ist durchgehend sieben Tage in der Woche 24 Stunden im Einsatz. Nach einem Einsatztag fährt das Schiff in der Regel nicht zu seinem Heimathafen zurück, sondern verbleibt auf See und geht dort vor Anker. Nur gelegentlich werden auch Häfen angefahren. Die Besatzung arbeitet im Wochenwechselschichtdienst. Die Schicht an Bord dauert sieben Tage. Die operativen Dienstposten, wozu der des Klägers gehört, haben dabei einen Tagesdienst von durchschnittlich 12 Stunden. An die Schicht an Bord schließt sich eine Freiwoche sowie eine Arbeitswoche an Land an.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Vergütung von Zeiten verlangt, die er nach Dienstende zwangsläufig an Bord des Schiffes verbracht hat. Er hat geltend gemacht, die Zeiten außerhalb der eigentlichen Arbeitszeit seien als Bereitschaftsdienst zu werten, weil er sich für nicht vorhersehbare Sondereinsätze bereithalten müsse.
Die Klage war in allen Instanzen ohne Erfolg. Die Anwesenheit an Bord war in den streitgegenständlichen Zeiten weder ausdrücklich noch konkludent iSv. § 47 Nr. 3 TVöD-BT-V (Bund) angeordnet.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28. Mai 2009 – 6 AZR 141/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 29. Januar 2008 – 5 Sa 43/07 –
Quelle: Pressemitteilung Nr. 55/09 vom 28.05.2009 auf www.bundesarbeitsgericht.de
Kategorie Arbeitsrecht
10. Juni 2009
Der Träger eines Gymnasiums darf bei der Besetzung einer Betreuerstelle für das von ihm betriebene Mädcheninternat die Bewerberauswahl auf Frauen beschränken, wenn die Tätigkeit auch Nachtdienste im Internat beinhalten soll.
Das beklagte Land hatte für das Mädcheninternat seines staatlichen Gymnasiums in N. mittels einer Stellenausschreibung eine Erzieherin/Sportlehrerin oder Sozialpädagogin gesucht. Der Kläger, ein Diplom-Sozialpädagoge, hatte sich um diese Stelle beworben. Das staatliche Gymnasium teilte ihm mit, bei der Stellenbesetzung könnten ausschließlich weibliche Bewerber berücksichtigt werden, weil die Stelleninhaberin auch Nachtdienste im Mädcheninternat leisten müsse. Der Kläger hält sich wegen seines Geschlechts für in unzulässiger Weise benachteiligt und hat vom beklagten Land wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) eine Entschädigung in Höhe von mindestens 6.750,00 Euro verlangt.
Das Landesarbeitsgericht hat seine Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers blieb vor dem Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg. Der Achte Senat hielt die unterschiedliche Behandlung wegen des Geschlechts hier für zulässig. Für die Tätigkeit in einem Mädcheninternat, die auch mit Nachtdiensten verbunden ist, stellt das weibliche Geschlecht der Stelleninhaberin eine wesentliche und entscheidende Anforderung iSd. § 8 Abs. 1 AGG dar. Dabei steht es dem Arbeitgeber grundsätzlich frei festzulegen, welche Arbeiten auf einem zu besetzenden Arbeitsplatz zu erbringen sind.
Bundesarbeitsgericht Urteil vom 28. Mai 2009 – 8 AZR 536/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. März 2008 – 2 Sa 51/08 –
Quelle: Pressemitteilung Nr. 54/09 vom 28.05.2009 auf www.bundesarbeitsgericht.de
Kategorie Arbeitsrecht
10. Juni 2009
Wird ein zwischen der Konzernmutter und der Versorgungsschuldnerin bestehender Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag beendet, so kann der Versorgungsgläubiger von der Konzernmutter nicht nach § 303 AktG Sicherheit für künftige Rentenanpassungen nach § 16 BetrAVG verlangen. Zwar ist der Anspruch auf Anpassungsprüfung und -entscheidung sicherungsfähig iSd. des § 303 AktG, denn er ist regelmäßig werthaltig. Allerdings fehlt es an einem Sicherungsinteresse des Versorgungsgläubigers. Sowohl dann, wenn die Versorgungsschuldnerin zu Recht die Anpassung nach § 16 BetrAVG verweigert, als auch dann, wenn ihre wirtschaftliche Lage eine Anpassung nach § 16 BetrAVG zulässt, besteht kein Bedürfnis für eine Sicherheitsleistung. Führen gesellschaftsrechtliche Veränderungen dazu, dass die für eine Betriebsrentenanpassung erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Versorgungsschuldnerin beeinträchtigt wird oder entfällt, so kommen Schadensersatzansprüche der Versorgungsgläubiger gegenüber der Konzernmutter in Betracht. Der Schutzzweck der §§ 4 und 16 BetrAVG erfordert keine erweiternde Auslegung des § 303 AktG.
Der Kläger bezieht seit April 1998 Leistungen der betrieblichen Altersversorgung von der H. AG. Diese war eine 100%-ige Tochter der R. AG. Zwischen der R. AG und der H. AG hatte bis zum 31. Dezember 2004 ein Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag bestanden. Während des Bestehens des Beherrschungsvertrages war das operative Geschäft der Versorgungsschuldnerin ganz überwiegend ausgegliedert und verkauft worden. Die H. AG war zuletzt für mehr als 3.000 Betriebsrentner zuständig und beschäftigte max. 60 Arbeitnehmer. Der Kläger hat die R. AG auf Sicherheitsleistung für künftige Rentenanpassungen nach § 16 BetrAVG in Anspruch genommen. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers blieb erfolglos. Die Klage auf Sicherheitsleistung war mangels Sicherungsbedürfnisses unbegründet; Schadensersatzansprüche waren nicht eingeklagt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 AZR 369/07 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 11. April 2007 - 7 Sa 944/06 -
Quelle: Pressemitteilung Nr. 51/09 vom 28.05.2009 auf www.bundesarbeitsgericht.de
Kategorie Arbeitsrecht
27. Mai 2009
Sozialpläne dürfen eine nach Lebensalter oder Betriebszugehörigkeit gestaffelte Abfindungsregelung vorsehen. Sie dürfen rentenberechtigte Arbeitnehmer von Sozialplanleistungen auch ausschließen. Die damit verbundene unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ist von § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG gedeckt. Diese Regelung verstößt nicht gegen das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung. Sie ist im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/78/EG durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt. Es entspricht einem allgemeinen sozialpolitischen Interesse, dass Sozialpläne danach unterscheiden können, welche wirtschaftlichen Nachteile den Arbeitnehmern drohen, die durch eine Betriebsänderung ihren Arbeitsplatz verlieren. Diese Nachteile können mit steigendem Lebensalter zunächst zunehmen, weil damit die Gefahr längerer Arbeitslosigkeit typischerweise wächst, und können geringer sein, wenn Arbeitnehmer nach dem Bezug von Arbeitslosengeld in der Lage sind, Altersrente in Anspruch zu nehmen.
Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts gab daher der Klage eines Arbeitnehmers statt, der eine Abfindung nach einer Sozialplanregelung beanspruchte, die für „bis zu 59-jährige“ Arbeitnehmer eine von der Dauer der Betriebszugehörigkeit abhängige Abfindung vorsieht. Eine solche Berechnungsformel ist nach § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG gerechtfertigt. Auch die in dem Sozialplan weiter vorgesehene Differenzierung, nach der über 59 Jahre alte Arbeitnehmer gemäß einer anderen Berechnungsformel nur einen Anspruch auf eine geringere Abfindung haben, ist zulässig und führt nicht zur Unwirksamkeit des Sozialplans. Die mit einem solchen Systemwechsel verbundene Ungleichbehandlung älterer Arbeitnehmer ist ebenfalls durch § 10 Satz 3 Nr. 6 AGG gedeckt. Sie beruht auf der nicht zu beanstandenden Beurteilung der Betriebsparteien, dass rentennahe Jahrgänge durch den Verlust des Arbeitsplatzes regelmäßig geringere Nachteile erleiden als jüngere Arbeitnehmer.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26. Mai 2009 - 1 AZR 198/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. November 2007 - 19 Sa 1416/07 -
Quelle: Pressemitteilung Nr. 50/09 vom 26.05.2009 auf www.bundesarbeitsgericht.de
Kategorie Arbeitsrecht
22. Mai 2009
Nach Ablauf eines Tarifvertrages gelten dessen Rechtsnormen weiter, bis sie durch eine andere Abmachung ersetzt werden (§ 4 Abs. 5 TVG). Über diesen Gesetzeswortlaut hinaus kann eine „andere Abmachung“ in Form einer einzelvertraglichen Vereinbarung, welche die bisherigen Bedingungen aus dem abgelaufenen Tarifvertrag ohne Verstoß gegen das Günstigkeitsprinzip verschlechtern kann, im Einzelfall auch schon vor Ablauf des Tarifvertrages getroffen werden. Sie löst die tariflichen Bestimmungen aber nur dann ab, wenn sie konkret und zeitnah vor dem bevorstehenden Ablauf des Tarifvertrages die sich dann aufgrund der Nachwirkung ergebende Situation regelt.
In dem heute vom Vierten Senat entschiedenen Fall machte eine gewerkschaftlich organisierte Klägerin u.a. Rechte aus einem Manteltarifvertrag (MTV) geltend, der im Juli 2003 auf unbestimmte Zeit mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten zum Quartal abgeschlossen worden war. Die beklagte Arbeitgeberin war langjährig Vollmitglied eines am Tarifabschluss beteiligten Arbeitgeberverbandes, wechselte dort aber zum 1. November 2004 in eine Mitgliedschaft ohne Tarifbindung (OT-Mitgliedschaft). Am 1. März 2005 vereinbarten die Parteien eine Änderung ihres Arbeitsvertrages zum 1. April 2005 u.a. mit einer Verlängerung der im MTV vorgesehenen regelmäßigen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich und einer Verkürzung des dort festgelegten tariflichen Mindesturlaubs um zwei Tage. Der MTV wurde dann Ende Oktober 2005 zum 31. März 2006 gekündigt. Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin die Bezahlung der über die tarifliche Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitsstunden zwischen Januar und Juni 2006 sowie die Nachgewährung der zwei Tage Jahresurlaub 2006.
Die Klage hatte im hier behandelten Teil Erfolg. Bis zum 31. März 2006 galt der Manteltarifvertrag für die Parteien noch kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit zwingend. Seine Festlegungen konnten durch Vertrag nicht verschlechtert werden. Danach wirkte er zwar nur noch nach, war also durch eine „andere Abmachung“ auch zu Lasten der Klägerin abänderbar. Die Vereinbarung vom 1. März 2005 war indes keine solche andere Abmachung. Sie war nicht für eine bevorstehende Nachwirkungsphase getroffen worden, sondern sollte die Rechtslage sofort – während noch laufenden Tarifvertrages – ändern und dies zu einem Zeitpunkt, zu dem noch gar nicht absehbar war, ob und wann es zu einer Nachwirkung des MTV kommen würde.
Den wegen weiterer Klageforderungen entscheidungserheblichen Wechsel der Beklagten in die OT-Mitgliedschaft hat der Senat trotz sehr allgemein gehaltener Regelungen zur Trennung der Befugnisse von OT- und Vollmitgliedern als wirksam angesehen. In einem solchen Fall kann es zwar möglicherweise neben dem Satzungswortlaut zur Feststellung des erforderlichen Gleichlaufs von Verantwortlichkeit und Betroffenheit auch auf eine davon etwa abweichende Praxis des Vereinslebens ankommen. Da hierfür keine Anhaltspunkte dargelegt waren, musste der Senat dem nicht weiter nachgehen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Mai 2009 – 4 AZR 230/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 7. November 2007 – 18 Sa 508/07 –
Quelle: Pressemitteilung Nr. 48/09 vom 20.05.2009 auf www.bundesarbeitsgericht.de
Kategorie Arbeitsrecht
20. Mai 2009
Der Arbeitgeber hat nach § 5 Abs. 1 Satz 2 der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), soweit erforderlich, ein allgemeines oder auf einzelne Bereiche der Arbeitsstätte beschränktes Rauchverbot zu erlassen. Nach § 618 Abs. 1 BGB hat der Dienstberechtigte Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit so weit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet. § 2 Abs. 1 Nr. 8 des Berliner Nichtraucherschutzgesetzes vom 16. November 2007 (NRSG) verbietet das Tabakrauchen in Gaststätten.
Der Kläger ist als Tisch-Chef am Roulettetisch eines Spielsaals der Beklagten in Berlin tätig. In dem Spielsaal besteht ein räumlich nicht abgetrennter Barbereich, der von einem anderen Unternehmen betrieben wird. Im ganzen Spielsaal wird geraucht.
Der Neunte Senat hat der auf Zuweisung eines tabakrauchfreien Arbeitsplatzes gerichteten Klage im Unterschied zu den Vorinstanzen stattgegeben. Der Anspruch des Klägers beruht auf § 618 Abs. 1 BGB iVm. § 5 ArbStättV. In dem Spielsaal, in dem der Kläger tätig ist, wird eine Gaststätte iSv. § 1 Abs. 1 des Gaststättengesetzes betrieben. Dort ist es deshalb nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 NRSG verboten zu rauchen. Dieses Rauchverbot beschränkt die ua. von § 5 Abs. 2 ArbStättV geschützte unternehmerische Entscheidungsfreiheit der Beklagten. Das Rauchverbot ist nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 30. Juli 2008 hinsichtlich der Betreiber sog. Einraumgaststätten unvereinbar mit Art. 12 Abs. 1 GG und damit verfassungswidrig, jedoch nicht nichtig (- 1 BvR 3262/07, 402/08 und 906/08 – NJW 2008, 2409). Der Landesgesetzgeber hat bis 31. Dezember 2009 eine Neuregelung zu treffen. § 2 Abs. 1 Nr. 8 NRSG bleibt bis zu einer verfassungsgemäßen Neuregelung wegen der hohen Bedeutung des Schutzes der Bevölkerung vor den Gefahren des Passivrauchens anwendbar. Das Rauchen in Gaststätten ist in Berlin weiterhin untersagt.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Mai 2009 – 9 AZR 241/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. März 2008 – 11 Sa 1910/06 –
Quelle: Pressemitteilung Nr. 47/09 vom 19.05.2009 auf www.bundesarbeitsgericht.de
Kategorie Arbeitsrecht
20. Mai 2009
Die Ansprüche auf Gewährung und Abgeltung des gesetzlichen Urlaubs erlöschen nicht, wenn der Arbeitnehmer bis zum Ende des Urlaubsjahres und/oder des Übertragungszeitraums sowie darüber hinaus arbeitsunfähig erkrankt ist, § 7 Abs. 3 und 4 BUrlG. Ist ein tarifliches Urlaubsgeld mit der Urlaubsvergütung verknüpft (akzessorisch), ist es erst dann zu zahlen, wenn auch ein Anspruch auf Urlaubsvergütung fällig ist.
Der Kläger ist seit 1999 bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag für die Holz- und Kunststoffverarbeitende Industrie in Rheinland-Pfalz vom 17. März 1992 Anwendung. Danach beträgt das zusätzliche Urlaubsgeld 60 % des für den Erholungsurlaub geschuldeten Urlaubsentgelts. Der Kläger ist seit Februar 2005 zumindest bis 31. März 2006 arbeitsunfähig erkrankt. Er verlangt von der Beklagten die Zahlung des tariflichen Urlaubsgeldes für das Jahr 2005.
Der Neunte Senat hat die klageabweisenden Entscheidungen der Vorinstanzen bestätigt. Der Anspruch auf Urlaubsgeld ist auch für den trotz Arbeitsunfähigkeit des Klägers fortbestehenden gesetzlichen Urlaubsanspruch aus dem Jahre 2005 derzeit nicht begründet. Die Beklagte schuldet keine Urlaubsvergütung, da dem Kläger bisher kein Urlaub gewährt wurde. Ebenso besteht kein Urlaubsabgeltungsanspruch des Klägers, weil das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beendet ist.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Mai 2009 – 9 AZR 477/07 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25. Januar 2007 – 6 Sa 830/06 –
Quelle: Pressemitteilung Nr. 46/09 vom 19.05.2009 auf www.bundesarbeitsgericht.de
Kategorie Arbeitsrecht
4. Mai 2009
Der u. a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Datenbankhersteller verbieten kann, Änderungen seiner Datenbank in einem Datenabgleich zu erfassen und für ein Wettbewerbsprodukt zu nutzen.
Die Klägerin vertreibt den elektronischen Zolltarif (EZT), der auf der Grundlage der Datenbank TARIC der Europäischen Kommission die für die elektronische Zollanmeldung in der EU erforderlichen Tarife und Daten enthält. Die Klägerin bietet den EZT online und – in abgewandelter Darstellung – auf der CD-ROM “Tarife” an. Die Beklagten vertreiben ebenfalls eine Zusammenstellung der für die elektronische Zollanmeldung erforderlichen Tarife und Daten. In den Jahren 2001 und 2002 nahm die Klägerin bewusst unrichtige Daten in ihre CD-ROM “Tarife” auf, die sich – ebenso wie einige Pflegefehler – danach auch im Produkt der Beklagten fanden. Die Klägerin sieht in der Übernahme der Daten eine Verletzung ihrer Datenbankherstellerrechte an den Datenbanken EZT und “Tarife”. Sie will den Beklagten verbieten lassen, ohne ihre Zustimmung die jeweils aktuelle Fassung ihrer Datenbanken auszulesen, um mittels eines Datenabgleichs ein Konkurrenzprodukt zu aktualisieren. Während das Landgericht die Klage abgewiesen hat, hat ihr das Oberlandesgericht hinsichtlich der Datenbank “Tarife” stattgegeben.
Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Oberlandesgerichts bestätigt. Der Klägerin stünden Datenbankherstellerrechte an der Datenbank “Tarife” zu, da sie nicht als amtliches Werk gemeinfrei sei und mit erheblichen Investitionen ständig von der Klägerin aktualisiert werde. Das Datenbankherstellerrecht hätten die Beklagten zwar nicht schon verletzt, indem sie die CD-ROM “Tarife” auf der Festplatte eines Computers speicherten. Denn dies sei von einer Einwilligung der Klägerin gedeckt, weil es zur bestimmungsgemäßen Nutzung der CD-ROM erforderlich sei. Eine Schutzrechtsverletzung der Klägerin liege aber vor, weil die Beklagten per Datenabgleich der CD-ROM “Tarife” Änderungsdaten entnommen und zur Aktualisierung ihres Wettbewerbsprodukts verwendet hätten. Die vom Berufungsgericht festgestellte Übernahme einzelner Daten aus der CD-ROM der Klägerin in das Produkt der Beklagten setze notwendig einen umfassenden Datenabgleich voraus. Schon die einmalige Entnahme aller geänderten Daten aus einer bestimmten Version der CD-ROM – durch Erstellung einer (ggfls. nur zwischengespeicherten) Änderungsliste oder unmittelbare Übernahme – beziehe sich auf einen qualitativ wesentlichen Teil der Datenbank. Deshalb stehe dem Anspruch der Klägerin nicht entgegen, dass der rechtmäßige Benutzer qualitativ oder quantitativ unwesentliche Teile einer öffentlich zugänglichen Datenbank zu beliebigen Zwecken entnehmen könne.
Hinsichtlich der Datenbank EZT hat der Bundesgerichtshof die Abweisung der Klage bestätigt, weil nicht festgestellt war, dass die Beklagten diese Datenbank für einen Datenabgleich verwendet hatten.
Urteil vom 30. April 2009 – I ZR 191/05 – Elektronischer Zolltarif
OLG Köln – Urteil vom 28. Oktober 2005 – 6 U 172/03
GRUR-RR 2006, 78
LG Köln – Urteil vom 26. November 2003 – 28 O 416/02
Quelle: Pressemitteilung Nr. 91/09 vom 30.04.2009 auf www.bundesgerichtshof.de
Kategorie Gewerblicher Rechtsschutz
24. April 2009
Teilt der Arbeitgeber dem Personalrat im Rahmen der Benehmensherstellung zu einer beabsichtigten Probezeitkündigung nicht das Lebensalter und die ihm bekannten Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers mit, führt dies nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung, wenn die Kündigung wegen unzureichender Arbeitsleistung und mangelnder Bewährung innerhalb der sechsmonatigen Probezeit erfolgt. Unterhaltspflichten und Lebensalter sind – für den Personalrat erkennbar – in diesem Fall schon deshalb unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt für den Kündigungsschluss des Arbeitgebers maßgeblich, weil nach § 1 Abs. 1 KSchG eine Kündigung innerhalb der sechsmonatigen Wartezeit nicht der sozialen Rechtfertigung bedarf. Die Wartezeit dient – von Missbrauchsfällen abgesehen – dazu, dem Arbeitgeber Gelegenheit zu geben, sich eine subjektive Meinung über Leistung und Führung des Arbeitnehmers zu bilden, die nicht einer Überprüfung nach objektiven Maßstäben unterliegt. Im Fall eines aus Sicht des Arbeitgebers negativen Ergebnisses dieser Prüfung soll er das Arbeitsverhältnis frei kündigen können, ohne dass es auf entgegenstehende Interessen des Arbeitnehmers ankommt.
Das beklagte Land kündigte am Ende der sechsmonatigen Probezeit das Arbeitsverhältnis des Klägers, weil es mit dessen Arbeitsleistungen nicht zufrieden war. Der Personalrat wurde zuvor im Einzelnen über die Kündigungsgründe unterrichtet, nicht jedoch über das Alter und die Unterhaltspflichten des Klägers. Die Vorinstanzen sahen hierin eine unzureichende Personalratsanhörung und gaben der Kündigungsschutzklage des Klägers statt.
Die Revision des beklagten Landes hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die Klage wurde unter Aufhebung und Abänderung der Urteile der Vorinstanzen abgewiesen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. April 2009 – 6 AZR 516/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 10. Juni 2008 – 11 Sa 1397/07 –
Quelle: Pressemitteilung Nr. 42/09 vom 23.04.2009 auf www.bundesarbeitsgericht.de
Kategorie Arbeitsrecht
24. April 2009
Ermöglicht bei einem Telefongespräch einer der Gesprächspartner einer im Raum befindlichen weiteren Person zielgerichtet, das Gespräch heimlich mitzuhören, indem er z.B. den Raumlautsprecher des Telefons anstellt oder das Gerät vom Ohr weghält, verletzt er das Persönlichkeitsrecht des Gesprächspartners. Die Persönlichkeitsrechtsverletzung hat in diesen Fällen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Folge, dass der heimlich Mithörende nicht als Zeuge zum Gesprächsinhalt des Telefonats vernommen werden darf. Dagegen besteht dann, wenn der Angerufene nichts dazu beigetragen hat, dass der Dritte das Telefongespräch mithören konnte, kein Beweisverwertungsverbot. Das Interesse des Angerufenen an der Durchsetzung seiner im Einzelfall auch grundrechtlich geschützten Rechte in einem gerichtlichen Verfahren sowie das Interesse der Allgemeinheit an einer funktionsfähigen Rechtspflege und materiell richtigen Entscheidung überwiegen das Interesse des Anrufers am Schutz seines Persönlichkeitsrechts.
Das beklagte Zeitarbeitsunternehmen kündigte der Klägerin innerhalb der sechsmonatigen Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG. Zum Zeitpunkt der Kündigung war die Klägerin arbeitsunfähig. Die Klägerin hält die Kündigung für sittenwidrig und hat geltend gemacht, sie sei unmittelbar vor der Kündigung von der Personaldisponentin der Beklagten angerufen worden. Diese habe ihr gesagt, sie solle trotz der Arbeitsunfähigkeit zur Arbeit kommen, andernfalls müsse sie mit einer Kündigung rechnen. Die Beklagte hat die behauptete Äußerung der Personaldisponentin bestritten. Für die Richtigkeit ihrer Behauptung hat sich die Klägerin auf das Zeugnis einer bei dem Telefonat anwesenden Freundin berufen, welche das Gespräch zufällig ohne ihr Wissen mitgehört habe.
Das Arbeitsgericht hat die Personaldisponentin als Zeugin vernommen und die Klage abgewiesen. Eine Vernehmung der Freundin der Klägerin hat es abgelehnt, weil insoweit ein Beweisverwertungsverbot bestehe. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.
Die Revision der Klägerin hatte vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die Sache wurde an das Landesarbeitsgericht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen. Unter Zugrundelegung des Prozessvortrags der Klägerin würde die Kündigung eine nach § 612a BGB unzulässige Maßregelung darstellen. Das Landesarbeitsgericht durfte von der Vernehmung der Freundin der Klägerin als Zeugin nur absehen, wenn die Klägerin dieser zielgerichtet ermöglicht hatte, das Telefongespräch heimlich mitzuhören. Hierzu hat das Landesarbeitsgericht bislang keine Feststellungen getroffen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23. April 2009 – 6 AZR 189/08 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 24. Januar 2008 – 3 Sa 800/07 –
Quelle: Pressemitteilung Nr. 41/09 vom 23.04.2009 auf www.bundesarbeitsgericht.de
Kategorie Arbeitsrecht