15. Mai 2008
Nach § 622 Abs. 4 BGB kann durch Tarifvertrag von den gesetzlichen Regelungen der Kündigungsfristen in § 622 Abs. 2 BGB abgewichen werden. Die Tarifvertragsparteien sind nicht verpflichtet, für Arbeitnehmer mit längerer Beschäftigungsdauer verlängerte Kündigungsfristen vorzusehen. Es besteht kein Differenzierungsgebot zugunsten älterer Arbeitnehmer.
Der Kläger im heute entschiedenen Fall war seit 1975 bei der Beklagten tätig, die weniger als 20 Arbeitnehmer beschäftigte. Im Jahre 2005 legte die Beklagte den Betrieb still und kündigte dem Kläger am 14. November 2005 zum 31. Dezember 2005. Der einschlägige Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten des Kraftfahrzeuggewerbes in Bayern vom 5. April 2004 sieht für alle Kündigungen gegenüber Arbeitnehmern in Betrieben mit weniger als 20 Beschäftigten eine einheitliche Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Monatsende vor. Der Kläger, der die Beendigung als solche zuletzt nicht mehr in Abrede gestellt hat, machte geltend, die tarifliche Regelung sei unwirksam und das Arbeitsverhältnis ende erst mit Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist von sieben Monaten zum Monatsende, also am 30. Juni 2006.
Die Klage blieb wie schon in den Vorinstanzen auch vor dem Bundesarbeitsgericht erfolglos. Das Gesetz sieht zwar in § 622 Abs. 2 BGB nach Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelte Kündigungsfristen für Kündigungen durch den Arbeitgeber vor. So beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist nach 20-jähriger Zugehörigkeit zum Betrieb sieben Monate zum Monatsende. Die gesetzlichen Kündigungsfristen stehen aber nach der ausdrücklichen Anordnung in § 622 Abs. 4 BGB zur Disposition der Tarifvertragsparteien. Von ihrer Befugnis zur Bestimmung abweichender Fristenregelungen haben die Tarifvertragsparteien hier einen nicht zu beanstandenden Gebrauch gemacht, indem sie für Kleinbetriebe unabhängig von der Dauer der Betriebszugehörigkeit einheitliche Kündigungsfristen vorgesehen haben (BAG, Urteil vom 23. April 2008, 2 AZR 21/07).
Quelle: Pressemitteilung Nr. 34/08 vom 23.04.2008 auf www.bundesarbeitsgericht.de
Kategorie Arbeitsrecht
15. Mai 2008
Nach § 14 Abs. 4 TzBfG bedarf die Befristung eines Arbeitsvertrags zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien nur mündlich die Befristung eines Arbeitsvertrags, so ist die Befristungsabrede unwirksam und ein unbefristeter Arbeitsvertrag geschlossen. Übersendet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor Vertragsbeginn einen von ihm bereits unterzeichneten schriftlichen Arbeitsvertrag mit der Bitte um Rücksendung eines unterzeichneten Exemplars, kann der Arbeitnehmer das Vertragsangebot des Arbeitgebers grundsätzlich nur durch die Unterzeichnung der Urkunde annehmen. Dies hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden.
Der Kläger war bei der Beklagten als Industriemechaniker auf Grund eines vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 befristeten Arbeitsvertrags beschäftigt. Die Beklagte übersandte dem Kläger vor Beginn des Arbeitsverhältnisses einen von ihr bereits unterzeichneten Arbeitsvertrag mit der Bitte um Unterzeichnung und baldige Rückgabe. Der Kläger nahm vereinbarungsgemäß am 4. Januar 2005 seine Arbeit auf. Auf Nachfrage eines Vertreters der Beklagten übergab er nach seinem Arbeitsantritt den von ihm unterzeichneten Arbeitsvertrag.
Die Klage war in allen Instanzen erfolglos. Das Schriftformerfordernis des § 14 Abs. 4 TzBfG ist durch die Unterzeichnung des Arbeitsvertrags gewahrt. Dies gilt auch dann, wenn der Kläger den Vertrag erst nach dem Arbeitsantritt unterzeichnet haben sollte. Durch die Arbeitsaufnahme ist ein Arbeitsverhältnis nicht begründet worden, da die Beklagte ihr Angebot auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags von der Rückgabe des unterzeichneten Arbeitsvertrags abhängig gemacht hatte (BAG, Urteil vom 16. April 2008, 7 AZR 1048/08).
Quelle: Pressemitteilung Nr. 33/08 vom 16.04.2008 auf www.bundesarbeitsgericht.de
Kategorie Arbeitsrecht
15. Mai 2008
Enthält ein Formulararbeitsvertrag neben einer drucktechnisch hervorgehobenen Befristung für die Dauer eines Jahres im nachfolgenden Text ohne drucktechnische Hervorhebung eine weitere Befristung des Arbeitsvertrags zum Ablauf der sechsmonatigen Probezeit, ist die Probezeitbefristung eine überraschende Klausel, die nach § 305 c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil wird. Dies hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden.
Die Klägerin war bei der Beklagten seit 1. November 2005 beschäftigt. Nach § 1 des von der Beklagten gestellten Formulararbeitsvertrags war das Arbeitsverhältnis für die Zeit vom 1. November 2005 bis zum 31. Oktober 2006 befristet. Diese Vertragsdauer war fett und in vergrößerter Schrift gedruckt. In dem folgenden Vertragstext war ohne besondere drucktechnische Hervorhebung bestimmt, dass die ersten sechs Monate als Probezeit gelten und das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Probezeit ende, ohne dass es einer Kündigung bedürfe. Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 19. April 2006 mit, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung zum Ablauf der Probezeit am 30. April 2006 ende.
Der Siebte Senat hat der Klage, mit der sich die Klägerin gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. April 2006 gewandt hat, ebenso wie die Vorinstanzen stattgegeben. Die Probezeitbefristung ist als überraschende Klausel nach § 305 c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden. Die Klägerin konnte aus dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags mit der drucktechnischen Hervorhebung der einjährigen Vertragslaufzeit entnehmen, dass dieser für die Dauer eines Jahres abgeschlossen werden sollte. Nach dieser optischen Vertragsgestaltung brauchte die Klägerin nicht damit zu rechnen, dass der nachfolgende Text ohne drucktechnische Hervorhebung eine weitere Befristung zu einem früheren Beendigungszeitpunkt enthielt mit der Folge, dass die Befristung für die Dauer eines Jahres nicht zum Tragen kam, da das Arbeitsverhältnis bereits zuvor nach Ablauf von sechs Monaten enden sollte (BAG, Urteil vom 16. April 2008, 7 AZR 132/07) .
Quelle: Pressemitteilung Nr. 32/08 vom 16.04.2008 auf www.bundesarbeitsgericht.de
Kategorie Arbeitsrecht
13. Mai 2008
Der u.a. für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat gestern (08.05.2008) entschieden, dass in der Regel im Zuge einer Abmahnung auch die Anwaltskosten des Abmahnenden ersetzt werden müssen. Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Telekommunikationsdienstleistungen. Zwei Werber der Beklagten hatten versucht, eine Kundin der Klägerin, der Deutschen Telekom AG, für die Beklagte zu gewinnen, und hatten dabei irreführende Behauptungen aufgestellt. Obwohl die Deutsche Telekom AG eine eigene Rechtsabteilung unterhält, hatte sie die Beklagte durch ein Rechtsanwaltsbüro abmahnen lassen. Da die Beklagte keine Unterlassungserklärung abgab, erwirkte die Klägerin eine einstweilige Verfügung, die die Beklagte schließlich als endgültige Regelung anerkannte. Soweit die Anwaltskosten durch das Gerichtsverfahren veranlasst waren, mussten sie ohnehin von der Beklagten getragen werden. Im Streit waren deswegen nur noch die durch die Abmahnung entstandenen Anwaltskosten. Das Landgericht und das Berufungsgericht haben der Klage stattgegeben und sich dabei auf eine Bestimmung im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb gestützt, die dem Abmahnenden einen Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen gibt. Auch wenn der Wettbewerbsverstoß klar auf der Hand gelegen sei, habe die Klägerin die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts für erforderlich halten dürfen. Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung der Vorinstanzen bestätigt. Auszugehen sei von der tatsächlichen Organisation des abmahnenden Unternehmens. Ein Unternehmen mit eigener Rechtsabteilung sei nicht gehalten, die eigenen Juristen zur Überprüfung von Wettbewerbshandlungen der Mitbewerber einzusetzen und gegebenenfalls Abmahnungen auszusprechen. Die Verfolgung von Wettbewerbsverstößen gehöre nicht zu den originären Aufgaben eines gewerblichen Unternehmens. Deswegen sei es nicht zu beanstanden, wenn ein Unternehmen wie die Deutsche Telekom AG sich für wettbewerbsrechtliche Abmahnungen der Anwälte bediene, mit denen es auch sonst in derartigen Angelegenheiten zusammenarbeite (Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. Mai 2008 – I ZR 83/06 Abmahnkostenersatz).
Quelle: Pressemitteilung 93/08 vom 09.05.2008 auf www.bundesgerichtshof.de
Kategorie Gewerblicher Rechtsschutz
6. Mai 2008
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat heute (29.04.2008) in einem Rechtsstreit entschieden, in dem etwa 160 private Kläger mit dem beklagten Gasversorgungsunternehmen, das Ostsachsen mit Erdgas beliefert, um die Wirksamkeit von Gaspreiserhöhungen streiten. Die Kläger sind keine Tarifkunden, sondern Sondervertragskunden der Beklagten. In den Gaslieferungsverträgen heißt es jeweils, dass die Beklagte berechtigt sei, die Gaspreise zu ändern, wenn eine Preisänderung durch den Vorlieferanten der Beklagten erfolge. Die Beklagte erhöhte den Arbeitspreis zum 1. Juni und 1. November 2005 sowie zum 1. Januar und 1. April 2006. Das Landgericht Dresden hat festgestellt, dass die Preiserhöhungen unwirksam seien. Das Oberlandesgericht Dresden hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auch die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof sieht in der Preisänderungsklausel des Gaslieferungsvertrags eine nach § 307 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung. Die Klausel stelle eine den Geboten von Treu und Glauben widersprechende unangemessene Benachteiligung der Gaskunden dar. Bei der Prüfung, ob eine mehrdeutige Allgemeine Geschäftsbedingung wirksam sei, müsse von der für den Kunden ungünstigsten Auslegung ausgegangen werden. Danach berechtige die hier in Rede stehende Preisänderungsklausel die Beklagte zwar, verpflichte sie aber nicht, bei einem veränderten Gaseinkaufspreis den Lieferpreis anzupassen. Nach dieser Auslegung sei die Beklagte nicht verpflichtet, eine Preisanpassung nach gleichmäßigen Maßstäben zu bestimmten Zeitpunkten unabhängig davon vorzunehmen, in welche Richtung sich der Einstandpreis seit Vertragsschluss oder seit der letzten Preisanpassung entwickelt habe. Damit würden die Folgen von Schwankungen des Einkaufspreises einseitig dem Kunden auferlegt. Dem Argument der Beklagten, die Preisänderungsklausel sei deshalb wirksam, weil auch die (bis zum 7. November 2006 für Tarifkunden geltende) Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV) keine Kriterien für Preisanpassungen formuliere, ist der Bundesgerichtshof nicht gefolgt. Da der Gasversorger, wie der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 13. Juni 2007 (BGHZ 172, 315) entschieden hat, nach der Verordnung den allgemeinen Gastarif nach billigem Ermessen zu bestimmen habe, sei er bereits von Gesetzes wegen verpflichtet, Kostensteigerungen wie Kostensenkungen nach gleichen Maßstäben Rechnung zu tragen. Eine entsprechende Verpflichtung sehe demgegenüber die vertragliche Preisanpassungsklausel gerade nicht vor. Schließlich hat es der Bundesgerichtshof auch abgelehnt, der Beklagten an Stelle der unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingung in ergänzender Vertragsauslegung ein Preisanpassungsrecht einzuräumen. Da beide Vertragsparteien den Vertrag nach zweijähriger Laufzeit mit einer Frist von drei Monaten kündigen könnten, sei es für die Beklagte nicht unzumutbar, wenn sie den Gaspreis innerhalb der Vertragslaufzeit nicht erhöhen könne (Bundesgerichtshof, Urteil vom 29. April 2008 – KZR 2/07 – Gassondervertrag ).
Quelle: Pressemitteilung 86/08 vom 29.04.2008 auf www.bundesgerichtshof.de
Kategorie Allgemein, Miet- und Immobilienrecht
29. April 2008
Die Klägerin, die Wohnungsvermieterin des Beklagten ist, verlangt Nachzahlung von Heiz- und Wasserkosten. Der Mietvertrag der Parteien sieht – unter Verweis auf die Anlage 3 zu § 27 der II. Berechnungsverordnung – formularmäßig vor, dass der Mieter die Kosten des Heizungsbetriebs zu tragen hat. Die Wohnung wurde zunächst durch eine Zentralheizung mit Wärme versorgt. Im Jahr 2001 stellte der damalige Vermieter die Beheizung auf Fernwärmelieferung um. Mit der Heizkostenabrechnung für den Abrechnungszeitraum 2004 verlangte die Klägerin eine Nachzahlung von 746,51 €. Im Mietvertrag ist ferner die Umlage der Kosten für Wasser und Entwässerung vereinbart. Im Jahr 2003 ließ die Klägerin Einzelwasseruhren in alle Wohnungen einbauen und forderte die Mieter auf, einen direkten Vertrag mit den Stadtwerken als Wasserversorger abzuschließen. Der Beklagte schloss einen solchen Vertrag nicht ab. Die Stadtwerke stellten den Wasserverbrauch in der Wohnung des Beklagten weiterhin der Klägerin in Rechnung. Diese Rechnung sowie den Gebührenbescheid der Gemeinde über die Entsorgung des Schmutzwassers übersandte die Klägerin dem Beklagten und forderte ihn zur Nachzahlung von 1.616,28 € auf. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin hatte Erfolg. Im Hinblick auf die Heizkostenabrechnung hat der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs entschieden, dass die Klägerin – anders als das Berufungsgericht gemeint hat – nach dem Mietvertrag berechtigt war, auch die Kosten der Lieferung von Fernwärme anteilig auf den beklagten Mieter umzulegen. Der Senat hat seine Rechtsprechung bestätigt, wonach der Vermieter, der während des laufenden Mietverhältnisses den Betrieb einer im Haus vorhandenen Heizungsanlage einstellt und statt dessen Fernwärme bezieht, die Kosten der Wärmelieferung auf den Mieter umlegen darf, wenn im Mietvertrag bestimmt ist, dass der Mieter die Betriebskosten der Heizung nach der Anlage 3 zu § 27 der II. Berechnungsverordnung trägt und die bei Abschluss des Mietvertrags gültige Fassung dieser Verordnung die Umlegung der Kosten der Fernwärmelieferung vorsieht. Eine solche Umlagevereinbarung liegt hier vor. Aus diesem Grund hat der Bundesgerichtshof das angefochtene Urteil im Hinblick auf die Heizkostenabrechnung aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, weil zu weiteren Einwendungen, die der Beklagte erhoben hat, Feststellungen getroffen werden müssen. Im Hinblick auf die Wasser- und Abwasserkosten hat der Bundesgerichtshof der Klage stattgegeben. Die Klägerin hat die Wasserkosten formell ordnungsmäßig abgerechnet. Sie hat parallel zu ihrem Begehren auf Erstattung des ihr selbst in Rechnung gestellten Wasserverbrauchs in der Wohnung des Beklagten eine Abrechnung für die übrigen “kalten” Betriebskosten für das Jahr 2004 erstellt und dabei auch die vom Beklagten geleisteten Vorauszahlungen berücksichtigt. Dass die Klägerin die Wasserrechnung der Stadtwerke und den Gebührenbescheid der Gemeinde über Schmutzwasser nicht formal in diese Abrechnung eingestellt, sondern die ihr erteilten Rechnungen an den Beklagten weitergeleitet hat, ist unschädlich, weil der Klägerin gerade der Einzelverbrauch in der Wohnung des Beklagten aufgrund einer Ablesung der dort installierten Zähler in Rechnung gestellt worden ist (BGH, Urteil vom 16. April 2008 – VIII ZR 75/07).
Quelle: Pressemitteilung 74/08 vom 16.04.2008 auf www.bundesgerichtshof.de
Kategorie Miet- und Immobilienrecht
29. April 2008
Der für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte in zwei Fällen zu entscheiden, welche Folgen sich bei mangelhafter Werkleistung für Ansprüche des Auftraggebers ergeben, wenn der Auftragnehmer seine Leistungen aufgrund eines Werkvertrags mit einer sog. Ohne-Rechnung-Abrede erbracht hat. Im Verfahren VII ZR 42/07 hatte der Kläger den Beklagten beauftragt, die Terrasse seines Hauses abzudichten und mit Holz auszulegen. Wegen eines kurze Zeit nach Beendigung der Arbeiten eingetretenen Wasserschadens in der unter der Terrasse gelegenen Einliegerwohnung machte der Kläger Gewährleistungsrechte geltend. Im Verfahren VII ZR 140/07 war der Beklagte mit Vermessungsarbeiten für den Neubau des Einfamilienhauses der Kläger beauftragt. Nach deren Behauptung sind ihr Haus und ihr Carport infolge eines Vermessungsfehlers des Beklagten falsch platziert worden. Sie verlangten Ersatz des ihnen dadurch entstandenen Schadens. In beiden Fällen hatten die Parteien vereinbart, dass für die zu erbringenden Leistungen keine Rechnung gestellt werden sollte. Im Hinblick auf diese Ohne-Rechnung-Abrede haben die Gerichte in beiden Instanzen der jeweiligen Klagepartei die geltend gemachten Gewährleistungsrechte wegen Nichtigkeit des Werkvertrags abgesprochen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Ohne-Rechnung-Abrede diene der Steuerhinterziehung und sei damit wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtig. Dies habe die Gesamtnichtigkeit des Vertrags zur Folge, da nicht belegt sei, dass dieser bei ordnungsgemäßer Rechnungsstellung zu denselben Konditionen abgeschlossen worden wäre. Der Senat hat die Urteile der Berufungsgerichte aufgehoben, soweit zu Lasten der jeweiligen Klagepartei entschieden wurde, und den Rechtsstreit an die Berufungsgerichte zurückverwiesen. Der Senat teilt deren Auffassung, dass die wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nichtige Ohne-Rechnung-Abrede nur dann nicht zu einer Gesamtnichtigkeit des Werkvertrags führt, wenn der Vertrag bei vereinbarter ordnungsgemäßer Rechnungslegung zu denselben Konditionen abgeschlossen worden wäre. Ob die Ohne-Rechnung–Abrede in den Streitfällen die Gesamtnichtigkeit der Werkverträge zur Folge hat, konnte der Senat jedoch offen lassen. Denn nach den Grundsätzen von Treu und Glauben war den Beklagten die Berufung darauf versagt. Dies ergibt sich aus der besonderen Interessenlage, die typischerweise bei derartigen mit Ohne-Rechnung-Abrede geschlossenen Bauverträgen dann besteht, wenn der Auftragnehmer seine Werkleistung am Anwesen des Auftraggebers in mangelhafter Weise erbracht oder sich seine mangelhafte Leistung – wie bei Vermessungsarbeiten – im Bauwerk niedergeschlagen hat. Die sich hieraus ergebenden Folgen für den Auftraggeber lassen sich durch Regeln über die Rückabwicklung eines nichtigen Vertrages nicht wirtschaftlich sinnvoll bewältigen. Dieser Umstand und das daraus resultierende besondere Interesse des Auftraggebers an vertraglichen, auf die Mängelbeseitigung gerichteten Gewährleistungsrechten liegen für den Auftragnehmer offen zutage. Er verhält sich deshalb treuwidrig, wenn er sich in Widerspruch zu seinem bisher auf Erfüllung des Vertrags gerichteten Verhalten darauf beruft, dass er wegen der auch seinem eigenen gesetzwidrigen Vorteil dienenden Ohne-Rechnung-Abrede und wegen einer daraus resultierenden Gesamtnichtigkeit des Werkvertrags für seine mangelhaften Leistungen nicht gewährleistungspflichtig sei. Diese Grundsätze führen in beiden vom Senat zu entscheidenden Fällen dazu, dass dem Auftragnehmer die Berufung auf eine Gesamtnichtigkeit des Werkvertrages wegen der Gesetzwidrigkeit der Ohne-Rechnung-Abrede versagt ist (BGH, Urteile vom 24. April 2008 – VII ZR 42/07 und 140/07).
Quelle: Pressemitteilung 84/08 vom 24.04.2008 auf www.bundesgerichtshof.de
Kategorie Allgemein, Miet- und Immobilienrecht
29. April 2008
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte darüber zu entscheiden, ob der Vermieter einer Wohnung bei der Betriebskostenabrechnung die Kosten der Wasserversorgung und Entwässerung verbrauchsabhängig abrechnen muss oder ob er den Anteil der Wohnfläche zugrunde legen darf, wenn – bis auf eine – alle übrigen Wohnungen im Gebäude mit einem Wasserzähler ausgerüstet sind. Dem heute verkündeten Urteil liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin rechnete die Kosten der Wasserversorgung und Entwässerung nach dem Anteil der Wohnfläche der den Beklagten vermieteten Wohnung ab. Seit März 2003 sind – mit einer Ausnahme – alle Wohnungen des Gebäudes mit einem Wasserzähler ausgestattet, auch die Wohnung der Beklagten. In der Betriebskostenabrechnung für den Abrechnungszeitraum 2004 legte die Klägerin die Wasserkosten weiterhin nach dem Anteil der Wohnfläche auf die Mieter um. Dabei ergab sich zu Lasten der Beklagten ein Betrag von 557,60 €. Daraus resultierte eine Nachforderung in Höhe von 99,60 €, die unter anderem Gegenstand der Klage ist. Die Beklagten machten geltend, dass die Klägerin wegen der vorhandenen Wasserzähler verpflichtet sei, die Wasserkosten nach Verbrauch abzurechnen; unter Berücksichtigung der von der Wasseruhr abgelesenen Werte ergebe sich ein Betrag von lediglich 227,47 € und dementsprechend ein Guthaben zu ihren Gunsten. Die Klage war in den Vorinstanzen erfolgreich. Der Bundesgerichtshof hat die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Klägerin berechtigt ist, die Kosten der Wasserversorgung und Entwässerung nach dem Anteil der Wohnfläche auf die Mieter umzulegen. Diesen Abrechnungsmaßstab sieht § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich vor, sofern die Parteien – wie hier – nichts anderes vereinbart haben und keine gesetzlichen Sonderregelungen bestehen. Zu einer Abrechnung nach dem erfassten Wasserverbrauch wäre die Klägerin nach § 556a Abs. 1 Satz 2 BGB nur verpflichtet, wenn alle Mietwohnungen mit einem Wasserzähler ausgestattet wären; das ist hier jedoch nicht der Fall. Bloße Zweifel der Beklagten an der Billigkeit der Wohnfläche als Umlagemaßstab genügen nicht, um eine Änderung des gesetzlichen Umlageschlüssels zu rechtfertigen. Lediglich für besondere Ausnahmefälle geht der Gesetzgeber davon aus, dass ein Anspruch des Mieters auf ein Abweichen von dem in § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB vorgesehenen Flächenschlüssel bestehen kann. Das setzt voraus, dass es im Einzelfall zu einer krassen Unbilligkeit kommt. Dieses Erfordernis ist hier jedoch nicht erfüllt (Urteil vom 12. März 2008 – VIII ZR 188/07).
Quelle: Pressemitteilung 52/08 vom 12.03.2008 auf www.bundesgerichtshof.de
Kategorie Miet- und Immobilienrecht
22. April 2008
Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte erneut über Ansprüche von Verbrauchern im Zusammenhang mit sogenannten “Schrottimmobilien” zu entscheiden. Die Klägerin, eine kleinere Volksbank in Baden-Württemberg, verlangt die Rückzahlung eines durch eine Grundschuld gesicherten Annuitätendarlehens, das der Beklagte zur Finanzierung des Erwerbs eines Appartements in einem so genannten Boarding-House in der Nähe von Stuttgart aufgenommen hat. Der in Bremen wohnhafte Beklagte wurde im Jahre 1992 von einem Vermittler geworben, zwecks Steuerersparnis ohne Eigenkapital ein Appartement in dem von einer Pächterin hotelähnlich betriebenen Boarding-House zu erwerben. Nach Abschluss des Kaufvertrages mit der Bauträgerin schloss er wie zahlreiche andere Käufer von Appartements mit der Klägerin im Oktober 1992 einen Darlehensvertrag über rd. 143.000 DM ab, der eine Widerrufsbelehrung nach dem Verbraucherkreditgesetz, nicht aber eine solche nach dem Haustürwiderrufsgesetz enthielt. Die Pächterin wurde bereits fünf Monate nach Eröffnung des Boarding-Houses insolvent, die Bauträgerin zwei Jahre später. Als der Beklagte mit den Annuitätenraten in Verzug geriet, kündigte die Klägerin das Darlehen und forderte die Zahlung von rd. 145.000 DM. Der Beklagte widerrief im Jahre 2001 seine Darlehensvertragserklärung nach dem Haustürwiderrufsgesetz. Das Landgericht hat der Zahlungsklage der Volksbank stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Nach Aufhebung des Berufungsurteils durch den Bundesgerichtshof (XI ZR 37/03, WM 2004, 620) hat das Berufungsgericht dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mehrere Fragen zur Auslegung der EG-Haustürgeschäfterichtlinie vorgelegt (OLG Bremen WM 2004, 1628). Nach deren Beantwortung (EuGH WM 2005, 2086) hat das Berufungsgericht (WM 2006, 758) die Klage erneut abgewiesen, die Revision aber zugelassen. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an einen anderen Senat des Berufungsgerichts zurückverwiesen. Das Berufungsgericht ist zwar zu Recht davon ausgegangen, dass ein Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss wegen unterbliebener Widerrufsbelehrung gemäß § 2 HWiG auch dann gegeben sein kann, wenn – wie hier – die Haustürsituation nicht bei Vertragsabschluss, sondern nur bei dessen Anbahnung vorgelegen hat. Anders als das Berufungsgericht gemeint hat, setzt der Schadensersatzanspruch aber voraus, dass die finanzierende Bank ein Verschulden trifft und der Kapitalanleger seine auf den Abschluss des Darlehensvertrages gerichtete Willenserklärung bei ordnungsgemäßer Belehrung über sein Widerrufsrecht auch tatsächlich widerrufen hätte; eine (widerlegliche) tatsächliche Vermutung für die Ausübung des Widerrufsrechts besteht nicht. Dies gilt auch dann, wenn der mit dem Darlehen finanzierte Kaufvertrag nicht wirksam zustande gekommen sein sollte. Ohne einen Widerruf bleibt der Kapitalanleger an den Darlehensvertrag gebunden und zu seiner Erfüllung verpflichtet, ohne der Bank die Unwirksamkeit des Kaufvertrages entgegenhalten zu können. Im zur Entscheidung stehenden Fall kann das Bestehen oder Nichtbestehen eines Schadensersatzanspruchs noch nicht abschließend beurteilt werden. Vielmehr wird das Berufungsgericht nach Zurückverweisung der Sache die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben. Hierbei wird es möglicherweise auch nochmals einen Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen einer Aufklärungspflichtverletzung der Klägerin infolge Wissensvorsprungs über eine arglistige Täuschung des Beklagten durch evident unrichtige Angaben des Vermittlers oder Verkäufers zur angeblich mit dem Appartement erzielbaren Miete prüfen müssen (BGH, Urteil vom 26. Februar 2008 – XI ZR 74/06).
Quelle: Pressemitteilung 37/08 vom 26.02.2008 auf www.bundesgerichtshof.de
Kategorie Allgemein, Miet- und Immobilienrecht
22. April 2008
Der unter anderem für das Insolvenzrecht zuständige IX. Zivilsenat hatte die Frage zu entscheiden, ob der Wohnungsmieter die Kaution auch dann herausverlangen kann, wenn der Vermieter sie nicht von seinem Vermögen getrennt angelegt hat. Schon das Amts- und das Landgericht hatten die Klage der Mieterin in einem solchen Fall abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung der Vorinstanzen bestätigt. Der Wohnungsmieter kann eine gestellte Mietkaution in der Insolvenz des Vermieters nur dann ungeschmälert herausverlangen (aussondern), wenn der Vermieter, wie es § 551 Abs. 3 Satz 3 BGB vorschreibt, die Kaution von seinem sonstigen Vermögen getrennt angelegt hat. Verstößt der Vermieter gegen diese zu Gunsten des Mieters vorgesehene Bestimmung, dann ist der dem Mieter zustehende Auszahlungsanspruch nur eine einfache Insolvenzforderung. Dies folgt aus dem allgemeinen insolvenzrechtlichen Grundsatz, dass eine Aussonderungsbefugnis bezüglich eines Kontoguthabens nur dann entstehen kann, wenn es sich um ein ausschließlich zur Aufnahme von Fremdgeldern bestimmtes Konto handelt. Der Mieter ist allerdings berechtigt, die Einhaltung der dem Vermieter obliegenden Verpflichtung, die Kaution gesondert anzulegen, auch durchzusetzen. So kann er vom Vermieter den Nachweis verlangen, dass die Kaution auch gesetzeskonform auf einem Treuhandkonto angelegt wurde. Solange der Vermieter dieser gesetzlichen Anlageverpflichtung nicht nachkommt, ist der Mieter grundsätzlich befugt, die geschuldete Mietzahlung bis zur Höhe des Kautionsbetrages zurückzuhalten (BGH, Urteil vom 20. Dezember 2007 – IX ZR 132/06)
Quelle: Pressemitteilung 197/07 vom 20.12.2007 auf www.bundesgerichtshof.de
Kategorie Miet- und Immobilienrecht