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Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung nur für Eigenbedarfs- und Verwertungskündigungen

12. März 2009

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Sperrfristen des § 577a BGB* nach Wohnungsumwandlung nicht zur Anwendung gelangen, wenn die Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses erfolgt, weil die Wohnung für eine Betreuungsperson benötigt wird, die nicht dem Haushalt des Vermieters angehört.

Die Klägerinnen sind seit dem 1. August 1999 Mieterinnen einer Wohnung in einem in München gelegenen Anwesen. Der vormalige Erwerber wandelte am 19. April 2002 das Anwesen in Wohnungs- und Teileigentum um. Die von den Klägerinnen gemietete Wohnung wurde am 25. Juli 2002 von der Beklagten erworben, die mit ihrer Familie in der Nachbarwohnung lebt. Mit Schreiben vom 31. Juli 2006 erklärte die Beklagte die Kündigung des Mietverhältnisses mit der Begründung, sie benötige die Wohnung der Klägerinnen zur Unterbringung einer Betreuungs- und Pflegeperson – eines “Au-pair-Mädchens” – für ihre beiden minderjährigen Kinder und ihre in ihrem Haushalt lebende Schwiegermutter.

Das Amtsgericht hat die auf Räumung der Wohnung gerichtete Widerklage der Beklagten abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten hatte Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Kündigung der Beklagten nicht durch die zehnjährige Sperrfrist des § 577a Abs. 2 BGB (in Verbindung mit der einschlägigen Landesverordnung über die Gebiete mit gefährdeter Wohnungsversorgung) ausgeschlossen war. Gemäß § 577a BGB kann sich, wenn an den vermieteten Wohnräumen – wie in dem zu entscheidenden Fall – nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden ist, der Erwerber innerhalb der Sperrfrist nicht darauf berufen, dass er die Räume als Wohnung für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts benötigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) oder dass er durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB). Da das Au-pair-Mädchen nach den in der Revisionsinstanz nicht angegriffenen tatrichterlichen Feststellungen nicht Angehörige des Haushalts der Beklagten war, lag eine Eigenbedarfskündigung im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht vor. Die Beklagte konnte aber nach den Feststellungen der Vorinstanzen ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses gemäß § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB geltend machen.

Für eine darauf gestützte Kündigung gelten die Sperrfristen des § 577a BGB nicht. Mit dieser Vorschrift wollte der Gesetzgeber den Mieter besonders davor schützen, dass umgewandelte Eigentumswohnungen häufig zur Befriedigung eigenen Wohnbedarfs erworben werden. Dieses gesetzgeberische Ziel lässt sich nicht ohne weiteres auf andere Kündigungsgründe im Sinne von § 573 Abs. 1 Satz 1 BGB übertragen. Dass ein Vermieter ein berechtigtes Interesse an einer Kündigung hat, weil er die Wohnung – wie hier – zur Unterbringung einer Hausangestellten benötigt, ist nicht in demselben Maß wahrscheinlich wie ein Eigenbedarf des Erwerbers nach Umwandlung in Wohnungseigentum und birgt deshalb auch nicht dieselbe Gefahr einer Verdrängung des Mieters. Daher ist die Beschränkung des Anwendungsbereichs des § 577a BGB durch den Gesetzgeber auf die Fälle der Eigenbedarfs- und der Verwertungskündigung zu respektieren und scheidet eine analoge Anwendung der Vorschrift aus, weil keine Gesetzeslücke besteht BGH, Urteil vom 11. März 2009 – VIII ZR 127/08).

Vorinstanzen: AG München, Urteil vom 23. März 2007 – 473 C 36952/06; LG München, Urteil vom 23. April 2008 – 14 S 7911/07

Quelle: Pressemitteilung Nr. 57/09 vom 11.03.2009 auf www.bundesgerichtshof.de

*§ 577a Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung

(1) Ist an vermieteten Wohnräumen nach der Überlassung an den Mieter Wohnungseigentum begründet und das Wohnungseigentum veräußert worden, so kann sich ein Erwerber auf berechtigte Interessen im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 erst nach Ablauf von drei Jahren seit der Veräußerung berufen.

(2) Die Frist nach Absatz 1 beträgt bis zu zehn Jahre, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einer Gemeinde oder einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist und diese Gebiete nach Satz 2 bestimmt sind. Die Landesregierungen werden ermächtigt, diese Gebiete und die Frist nach Satz 1 durch Rechtsverordnung für die Dauer von jeweils höchstens zehn Jahren zu bestimmen.

Mieterhöhungsverlangen und Pflicht zur Beifügung eines Mietspiegels

12. März 2009

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass es für ein ordnungsgemäßes Mieterhöhungsverlangen nicht erforderlich ist, den Mietspiegel beizufügen, wenn dieser im Kundencenter des Vermieters eingesehen werden kann.

Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung der Klägerin in Wiesbaden. Mit Schreiben vom 25. April 2006 verlangte die Klägerin von den Beklagten die Zustimmung zur Erhöhung der Grundmiete von 374,50 € auf 407,54 € (= 6,74 €/m²). Zur Begründung des Erhöhungsverlangens berief sich die Klägerin unter Erläuterung der begehrten Mieterhöhung auf den Mietpreisspiegel der Landeshauptstadt Wiesbaden (Stand 1. Januar 2006). Die Klägerin wies im Mieterhöhungsverlangen darauf hin, dass der Mietspiegel unter anderem beim Mieterschutzverein in Wiesbaden erhältlich sei und in ihrem Kundencenter eingesehen werden könne. Die Beklagten stimmten der Mieterhöhung nicht zu.

Das Amtsgericht hat die auf Zustimmung zur Mieterhöhung gerichtete Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg. Sie führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung an das Berufungsgericht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Beifügung des Mietspiegels zur ordnungsgemäßen Begründung des Mieterhöhungsverlangens nicht erforderlich, wenn dieser allgemein zugänglich ist. In einem solchen Fall ist es dem Mieter zumutbar, zur Prüfung der Angaben des Vermieters auf den ohne weiteres zugänglichen Mietspiegel zuzugreifen. Nichts anderes gilt, wenn die Einsichtnahme in den Mietspiegel wie im hier zu entscheidenden Fall im Kundencenter des Vermieters gewährleistet ist. Die Beifügung des Mietspiegels ist auch nicht deswegen erforderlich, um eine rechtliche Beratung des Mieters – etwa durch einen Rechtsanwalt – zu ermöglichen, weil dessen Kenntnis von dem Inhalt des Mietspiegels vorausgesetzt werden kann.

Das Berufungsgericht wird nunmehr festzustellen haben, ob das Mieterhöhungsverlangen materiell berechtigt ist (BGH, Urteil vom 11. März 2009 – VIII ZR 74/08).

Vorinstanzen: AG Wiesbaden – Urteil vom 5. April 2007 – 91 C 5091/06-19; LG Wiesbaden – Urteil vom 14. Dezember 2007 – 3 S 44/07

Quelle: Pressemitteilung Nr. 56/09 vom 11.03.2009 auf www.bundesgerichtshof.de

Haftung des Inhabers eines eBay-Accounts

12. März 2009

Der u. a. für das Wettbewerbs-, Marken- und Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte am 11.03.2009 darüber zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen der Inhaber eines Mitgliedskontos (Accounts) bei der Internet-Auktionsplattform eBay dafür haftet, dass andere Personen unter Nutzung seines Accounts Waren anbieten und dabei Rechte Dritter verletzen.

Der Beklagte ist bei eBay unter dem Mitgliedsnamen “sound-max” registriert. Im Juni 2003 wurde unter diesem Mitgliedsnamen unter der Überschrift “SSSuper … Tolle … Halzband (Cartier Art)” ein Halsband zum Mindestgebot von 30 € angeboten. In der Beschreibung des angebotenen Artikels hieß es unter anderem: “… Halzband, Art Cartier … Mit kl. Pantere, tupische simwol fon Cartier Haus …”. Die Klägerinnen haben hierin eine Verletzung ihrer Marke “Cartier”, eine Urheberrechtsverletzung sowie einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb gesehen und den Beklagten auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, er sei für das beanstandete Angebot nicht verantwortlich, weil seine aus Lettland stammende Ehefrau sein Mitgliedskonto bei eBay ohne sein Wissen zum Verkauf persönlicher Gegenstände benutzt und dabei das Schmuckstück versteigert habe. Landgericht und Oberlandesgericht haben – ohne zu prüfen, ob durch das Angebot des Halsbandes die Rechte der Klägerinnen verletzt worden sind – die Klage abgewiesen, weil der Beklagte, der von dem von seiner Ehefrau in das Internet eingestellten Angebot keine Kenntnis gehabt habe, für etwaige Rechtsverletzungen jedenfalls nicht verantwortlich sei.

Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Der Beklagte hafte mangels Vorsatzes für die von seiner Ehefrau möglicherweise begangenen Rechtsverletzungen zwar nicht als Mittäter oder Teilnehmer. Es komme jedoch eine Haftung des Beklagten als Täter einer Schutzrechtsverletzung sowie eines Wettbewerbsverstoßes in Betracht, weil er nicht hinreichend dafür gesorgt habe, dass seine Ehefrau keinen Zugriff auf die Kontrolldaten des Mitgliedskontos erlangte. Benutze ein Dritter ein fremdes Mitgliedskonto bei eBay, nachdem er an die Zugangsdaten dieses Mitgliedskonto gelangt sei, weil der Inhaber diese nicht hinreichend vor dem Zugriff Dritter gesichert habe, müsse der Inhaber des Mitgliedskontos sich so behandeln lassen, wie wenn er selbst gehandelt hätte. Der selbständige Zurechnungsgrund für diese Haftung bestehe in der von dem Inhaber des Mitgliedskontos geschaffenen Gefahr einer Unklarheit darüber, wer unter dem betreffenden Mitgliedskonto bei eBay gehandelt habe und im Falle einer Vertrags- oder Schutzrechtsverletzung in Anspruch genommen werden könne (BGH, Urteil vom 11. März 2009 – I ZR 114/06 – Halzband)

Vorinstanzen: LG Frankfurt – Urteil vom 13. Mai 2004 – 2/03 O 15/04; OLG Frankfurt – Urteil vom 16. Mai 2006 – 11 U 45/05

Quelle: Pressemitteilung Nr. 55/09 vom 11.03.2009 auf www.bundesgerichtshof.de

Mitbestimmung bei Verschwiegenheitserklärung

11. März 2009

Das Verlangen des Arbeitgebers nach der Abgabe inhaltlich standardisierter Erklärungen, in denen sich Arbeitnehmer zum Stillschweigen über bestimmte betriebliche Vorgänge verpflichten, unterliegt nicht in jedem Fall der Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Diese kommt in Betracht, wenn sich die Verschwiegenheitspflicht auf das sog. Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer bezieht und nicht schon gesetzlich geregelt ist. Ein sog. Globalantrag des Betriebsrats, mit dem dieser die Mitbestimmungspflichtigkeit jeglichen Verlangens nach der Abgabe inhaltlich gleichlautender Schweigeverpflichtungen festgestellt wissen will, kann keinen Erfolg haben. Er erfasst auch Fälle, in denen sich die Schweigeverpflichtung auf das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer bezieht oder bereits gesetzliche Schweigepflichten - etwa nach § 17 UWG - bestehen.

Der Erste Senat des Bundesarbeitsgericht hat deshalb, wie schon die Vorinstanzen, den Antrag eines Betriebsrats abgewiesen, mit dem dieser die Feststellung begehrte, dass er in sämtlichen Fällen mitzubestimmen habe, in denen der Arbeitgeber von Arbeitnehmern den Abschluss formularmäßiger, standardisierter Verschwiegenheitsvereinbarungen verlangt.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 10. März 2009 - 1 ABR 87/07 -
Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Beschluss vom 5. Juli 2007 - 5 TaBV 223/06 -

Quelle: Pressemitteilung Nr. 25/09 vom 10.03.2009 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Duldungspflicht des Mieters bei baulicher Maßnahme in der Wohnung nach behördlicher Anordnung

10. März 2009

Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Mieter verpflichtet ist, bauliche Maßnahmen, die der Vermieter aufgrund einer behördlichen Anordnung oder rechtlichen Verpflichtung durchzuführen hat, dulden muss.

Die Beklagten sind Mieter einer Wohnung im ersten Obergeschoss eines Mehrfamilienhauses der Klägerin. Im April 2005 stellte der Bezirksschornsteinfeger fest, dass die Gaseinzelöfen in den Wohnungen nicht die Abgasgrenzwerte einhielten. Das zuständige Umweltamt forderte die Klägerin auf, für Abhilfe zu sorgen und eine neue Heizungsanlage einzubauen. Die Klägerin entschloss sich zum Einbau einer Zentralheizungsanlage. Mit Ausnahme der Wohnung der Beklagten sowie der darunter und darüber gelegenen Wohnung sind mittlerweile sämtliche Wohnungen an die Zentralheizung angeschlossen. Die Beklagten lehnten die mit Schreiben vom 16. November 2005 für die Zeit vom 5. bis 9. Dezember 2005 angekündigten Arbeiten zum Anschluss ihrer Wohnung an die Heizungsanlage ab. Mit Schreiben vom 2. Juni 2006 erbat die Klägerin von den Beklagten vergeblich Zutritt zu deren Wohnung für die Verlegung der Heizungsrohre zum Anschluss der Wohnung im zweiten Obergeschoss an die Heizungsanlage im Erdgeschoss am 19. Juni 2006. Auch der schließlich im August 2006 geäußerten Bitte der Klägerin, einen ihnen genehmen Termins für den Einbau der Steigleitungen zu benennen, kamen die Beklagten nicht nach. Zwischenzeitlich hatte die Umweltbehörde der Klägerin einen Bußgeldbescheid für den Fall angedroht, dass der Anschluss der Wohnungen im Erdgeschoss und im zweiten Obergeschoss an die Zentralheizung nicht unverzüglich erfolge.

Das Amtsgericht hat der auf Duldung des Einbaus der Steigleitungen gerichteten Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass bauliche Maßnahmen, die der Vermieter aufgrund behördlicher Anordnung in der Mietwohnung durchzuführen hat, nicht unter die in § 554 Abs. 2 BGB aufgeführten Maßnahmen fallen und daher auch nicht den formellen Anforderungen der Mitteilungspflichten nach § 554 Abs. 3 BGB* unterliegen. Eine Duldungspflicht des Mieters ergibt sich in solchen Fällen aus § 242 BGB. Die Anforderungen an die Ankündigung richten sich in einem solchen Fall nach den konkreten Umständen unter Berücksichtigung der Dringlichkeit und des Umfangs der Maßnahme, wobei auch der Mieter seinerseits verpflichtet ist, an einer zeitnahen Terminsabstimmung mitzuwirken. Die Klägerin hatte den Beklagten hier einen Grundriss übersandt, aus dem sich die Lage der einzubauenden Steigleitungen genau ergab, und den Beklagten, nachdem diese den zunächst angesetzten Terminen widersprochen hatten, die Möglichkeit eingeräumt, selbst einen Termin zu benennen. Dem waren die Beklagten in dem Zeitraum von fast einem Jahr bis zur Klageerhebung nicht nachgekommen. Damit hatte die Klägerin alles ihr Mögliche getan, um die Belange der Beklagten zu wahren.

*§ 554 BGB lautet auszugsweise:

“(1) Der Mieter hat Maßnahmen zu dulden, die zur Erhaltung der Mietsache erforderlich sind.

(2) Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache, zur Einsparung von Energie oder Wasser oder zur Schaffung neuen Wohnraums hat der Mieter zu dulden. Dies gilt nicht, wenn die Maßnahme für ihn, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist. Dabei sind insbesondere die vorzunehmenden Arbeiten, die baulichen Folgen, vorausgegangene Aufwendungen des Mieters und die zu erwartende Mieterhöhung zu berücksichtigen. Die zu erwartende Mieterhöhung ist nicht als Härte anzusehen, wenn die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt wird, wie er allgemein üblich ist.

(3) Bei Maßnahmen nach Absatz 2 Satz 1 hat der Vermieter dem Mieter spätestens drei Monate vor Beginn der Maßnahme deren Art sowie voraussichtlichen Umfang und Beginn, voraussichtliche Dauer und die zu erwartende Mieterhöhung in Textform mitzuteilen. Der Mieter ist berechtigt, bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Mitteilung folgt, außerordentlich zum Ablauf des nächsten Monats zu kündigen. Diese Vorschriften gelten nicht bei Maßnahmen, die nur mit einer unerheblichen Einwirkung auf die vermieteten Räume verbunden sind und nur zu einer unerheblichen Mieterhöhung führen.”

Urteil vom 4. März 2009 – VIII ZR 110/08

AG Langen – Urteil vom 24. September 2007 – 57 C 195/07

LG Darmstadt – Urteil vom 13. Februar 2008 – 21 S 174/07

Quelle: Pressemitteilung Nr. 46/09 vom 04.03.2009 auf www.bundesgerichtshof.de

Fallgruppenübergreifender Bewährungsaufstieg

26. Februar 2009

Begehrt ein technischer Angestellter eine höhere Vergütung, die nach dem tariflichen Tätigkeitsmerkmal die achtjährige Bewährung in einer bestimmten Fallgruppe der einschlägigen Vergütungsgruppe (VergGr.) voraussetzt, können Bewährungszeiten in einer anderen Fallgruppe derselben VergGr. nur dann angerechnet werden, wenn dies im Tarifvertrag ausdrücklich so vorgesehen ist.
Der Kläger ist als technischer Angestellter beim beklagten Land beschäftigt. Sein Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT). Er war zunächst in VergGr. IVa Fallgruppe 10 BAT eingruppiert, weil er nicht die persönlichen Anforderungen der langjährigen praktischen Erfahrung der VergGr. IV Fallgruppe 10a BAT erfüllte. Dies war nach dreijähriger Tätigkeit der Fall, weshalb der Kläger nach dieser Zeit in diese Fallgruppe eingruppiert wurde. Ein Bewährungsaufstieg in die VergGr. III BAT ist aus der VergGr. IVa Fallgruppe 10 BAT nach „achtjähriger Bewährung in der VergGr. IVa Fallgruppe 10“ BAT möglich, aus der VergGr. IVa Fallgruppe 10a BAT nach sechsjähriger Bewährung in dieser Fallgruppe. Mit seiner Klage begehrt der Kläger eine Höhergruppierung in VergGr. III BAT nach Ablauf von acht Jahren seit Beginn seiner Beschäftigung. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgeben, das Landesarbeitsgericht hat sie auf die Berufung des beklagten Landes abgewiesen.
Der Vierte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger hatte sich nicht acht Jahre in der VergGr. IVa Fallgruppe 10 BAT bewährt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist ein sog. fallgruppenübergreifender Bewährungsaufstieg nur möglich, wenn die vorgesehene Bewährungszeit die Anrechnung von Zeiten in einer anderen VergGr. oder einer anderen Fallgruppe innerhalb der betreffenden VergGr. ausdrücklich vorsieht. Ist eine solche in der ersichtlich unvollständigen Anrechnungsregelung des § 23b BAT nicht vorgesehen, haben die Gerichte die von den Tarifvertragsparteien gesetzten begrenzten Anrechnungsmöglichkeiten zu beachten. Das gilt auch dann, wenn die Tätigkeit des Angestellten in dieser Fallgruppe alle Merkmale der hiervon verschiedenen Aufstiegsfallgruppe mit umfasst. Die Gerichte sind nicht befugt, offenbar lückenhafte Tarifregelungen zu vervollständigen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Februar 2009 – 4 AZR 19/08 -
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. November 2007 – 3 Sa 1424/07

Quelle: Pressemitteilung Nr. 22/09 vom 25.02.2009 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Betriebsübergang – Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses – Rechtsmissbrauch

23. Februar 2009

Bei einem Betriebsübergang kann ein Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 6 BGB dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf einen Betriebserwerber innerhalb eines Monats nach der Unterrichtung schriftlich widersprechen. Übt der Arbeitnehmer das Widerspruchsrecht aus, muss er dieses weder begründen, noch bedarf es eines sachlichen Grundes. Zwar kann grundsätzlich auch die Ausübung des Widerspruchsrechts im Einzelfall rechtsmissbräuchlich erfolgen. Der widersprechende Arbeitnehmer verfolgt aber keine unzulässigen Ziele, wenn es ihm nicht ausschließlich darum geht, den Arbeitgeberwechsel zu verhindern, sondern wenn er mit dem Betriebserwerber über den Abschluss eines Arbeitsvertrages zu günstigeren Bedingungen verhandelt.

Der Kläger war bei der beklagten Sparkasse als Immobilienfachberater beschäftigt. Deren Immobilienvermittlungsgeschäft sollte auf eine Vertriebs-GmbH übertragen werden. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf diese GmbH, erklärte sich aber bereit, als Beschäftigter der Sparkasse bei der GmbH im Wege der Personalgestellung zu arbeiten. Bei seiner Auffassung, Arbeitnehmer der Beklagten zu sein, blieb der Kläger auch nach erfolglos verlaufenen Verhandlungen über den Abschluss eines neuen, besseren Arbeitsvertrages mit der GmbH und nachdem er schließlich im Betrieb der GmbH seine Arbeit fortsetzte.

Der Antrag des Klägers auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien war in allen drei Instanzen erfolgreich. Auch der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts hielt die Ausübung des Widerspruchsrechts durch den Kläger nicht für rechtsmissbräuchlich und sein Festhalten am Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht für treuwidrig. Es steht dem Arbeitnehmer frei, nach dem Widerspruch mit dem Betriebsveräußerer oder dem Betriebserwerber über ein Arbeitsverhältnis auf neuer Grundlage zu verhandeln. Auch mit der Arbeit für den Betriebserwerber hat sich der Kläger nicht widersprüchlich verhalten; zudem hat er stets auf seinem rechtlich zutreffenden Standpunkt beharrt, infolge seines Widerspruchs Arbeitnehmer der Beklagten geblieben zu sein.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Februar 2009 - 8 AZR 176/08 -
Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 10. Januar 2008 - 8 Sa 181/07

Quelle: Pressemitteilung Nr. 19/09 vom 20.02.2009 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Arbeitskleidung – Kostenpauschale – Pfändungsschutz

23. Februar 2009

Gesetzliche Bestimmungen, insbesondere Unfallverhütungs- und Hygienevorschriften, schreiben für bestimmte Tätigkeitsbereiche das Tragen von Schutzkleidung vor. Der Arbeitgeber ist in diesem Fall verpflichtet, dem Arbeitnehmer die Schutzkleidung kostenlos zur Verfügung zu stellen. Fehlt eine derartige gesetzliche Verpflichtung, kann der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer grundsätzlich vereinbaren, dass dieser während der Arbeitszeit eine bestimmte Arbeitskleidung trägt, die ihm der Arbeitgeber zur Verfügung stellt. Vorbehaltlich einer entgegenstehenden kollektivrechtlichen Regelung kann auch vereinbart werden, dass sich der Arbeitnehmer an den Kosten beteiligt. Die Vertragsklausel darf den Arbeitnehmer allerdings nicht unbillig benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 307 Abs. 2 BGB). Ob dies der Fall ist, richtet sich nach den Vorteilen, die der Arbeitnehmer aus der Überlassung der Berufskleidung und ihrer Pflege und Ersatzbeschaffung durch den Arbeitgeber hat. Der Arbeitgeber ist berechtigt, einen wirksam vereinbarten pauschalen Kostenbeitrag vom monatlichen Nettoentgelt des Arbeitnehmers einzubehalten. Die Einbehaltung ist unwirksam, soweit das Nettoentgelt unpfändbar ist. Dieses zwingende Recht kann nicht durch Verrechnungsabrede umgangen werden.

Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat der Klage einer Einzelhandelskauffrau auf Zahlung des von dem beklagten Verbrauchermarkt einbehaltenen „Kittelgeldes“ stattgegeben. Der Senat hat nicht entschieden, ob die von der Beklagten praktizierte Vertragsklausel wirksam ist, nach der die Arbeitnehmer den monatlichen Beitrag auch dann schulden, wenn sie infolge Urlaubs oder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nicht gearbeitet haben. Die Einbehaltung der Beklagten scheiterte bereits an den Pfändungsschutzbestimmungen. Das monatliche Nettoentgelt der Klägerin lag mit rd. 800,00 Euro deutlich unter der Pfändungsgrenze.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 17. Februar 2009 - 9 AZR 676/07 -
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 16. Juli 2007 - 9 Sa 1894/06 -

Quelle: Pressemitteilung Nr. 18/09 vom 17.02.2009 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Betriebsrentenanpassung im Konzern

11. Februar 2009

Bei der Anpassung der Betriebsrenten kommt es auf die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers an, der die betriebliche Altersversorgung schuldet. Auch wenn es sich beim versorgungspflichtigen Arbeitgeber um eine konzernabhängige Tochtergesellschaft handelt, sind grundsätzlich seine eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse maßgebend. Auf eine schlechte wirtschaftliche Lage der Konzernobergesellschaft oder des Gesamtkonzerns kann es nur dann ankommen, wenn am Anpassungsstichtag ausreichend konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass in den nächsten drei Jahren die im Konzern bestehenden Schwierigkeiten auf das Tochterunternehmen „durchschlagen“.

Im vorliegenden Fall erhielt der Kläger seine betriebliche Altersversorgung von einem Unternehmen, das in einen Konzern eingebunden war. Während sich sowohl die Konzernobergesellschaft als auch der Gesamtkonzern in einer kritischen wirtschaftlichen Lage befanden und sanierungsbedürftig waren, ließen die wirtschaftlichen Verhältnisse des Tochterunternehmens isoliert betrachtet eine Betriebsrentenanpassung zu. Während des Revisionsverfahrens haben sowohl die Konzernobergesellschaft als auch die versorgungspflichtige Konzerntochter Insolvenz angemeldet.

Der Kläger hat Anpassung seiner Betriebsrente in Höhe der Teuerungsrate verlangt. Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hat zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landesarbeitsgericht geführt. Es ist aufzuklären, welche Entwicklungen sich bereits am Anpassungsstichtag konkret abzeichneten und ob zu diesem Zeitpunkt mit hoher Wahrscheinlichkeit damit zu rechnen war, dass sich die wirtschaftliche Lage des beklagten Tochterunternehmens wegen der finanziellen, organisatorischen, technischen oder sonstigen Verflechtungen im Konzern nachhaltig verschlechtern werde und die Beklagte durch die geforderte Anpassung übermäßig belastet würde.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 10. Februar 2009 – 3 AZR 727/07 – mit zwei Parallelsachen
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 22. August 2007 – 4 Sa 1097/07

Quelle: Pressemitteilung Nr. 17/09 vom 10.02.2009 auf www.bundesarbeitsgericht.de

Ansprüche der ZVK auf Sozialkassenbeiträge nach Insolvenz eines Einzelunternehmers

9. Februar 2009

Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen eines Einzelunternehmers, der einen Betrieb des Bauhauptgewerbes betrieben hat, ändert für sich allein nichts an der weiteren Anwendbarkeit des Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV). Dies gilt auch dann, wenn der Insolvenzverwalter den Geschäftsbetrieb einstellt und allen Arbeitnehmern kündigt. In diesem Fall schuldet der Insolvenzverwalter der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes (ZVK) die Sozialkassenbeiträge bis zur rechtlichen Beendigung der einzelnen Arbeitsverhältnisse. Daran ändert grundsätzlich auch eine Freigabe des Betriebsvermögens des Schuldners nichts. Soweit es nach § 811 Abs. 1 Nr. 5 ZPO unpfändbar ist, hat die Freigabe nur deklaratorische Bedeutung. Im Übrigen führt die Freigabe allein nicht zu einem Übergang der Arbeitsverhältnisse auf den Schuldner.

Die ZVK hat vom beklagten Insolvenzverwalter die Zahlung von Sozialkassenbeiträgen für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verlangt. Der Schuldner führte einen Baubetrieb als Einzelunternehmer. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens kündigte der Insolvenzverwalter den beiden Arbeitnehmern unter Beachtung der einschlägigen Kündigungsfrist und erklärte „rein vorsorglich“ die Freigabe des Betriebsvermögens aus der Insolvenzmasse. Die Zahlung der Sozialkassenbeiträge lehnte der Insolvenzverwalter mit der Begründung ab, aufgrund der Einstellung des Geschäftsbetriebs sowie der Freigabe der Betriebsmittel sei der Baubetrieb erloschen und damit die Zahlungspflicht entfallen. Die Klage der ZVK hatte in allen Instanzen Erfolg.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 5. Februar 2009 – 6 AZR 110/08 -
Vorinstanz: LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15. März 2007 – 5 Sa 1604/06

Quelle: Pressemitteilung Nr. 15/09 vom 05.02.2009 auf www.bundesarbeitsgericht.de