Bundesgerichtshof zur Erstattung des gesamten Pauschalreisepreises bei verspätetem Anschlussflug zum Zielort
Der Kläger hatte beim beklagten Reiseveranstalter eine vierzehntägige Studienreise nach Island einschließlich Fluges ab Düsseldorf über Amsterdam nach Reykjavik gebucht. Wegen eines technischen Defekts konnte das für den Weiterflug von Amsterdam nach Reykjavik vorgesehene Flugzeug nicht planmäßig um 14 Uhr starten. Nach sechs Stunden vergeblicher Wartezeit flog der Kläger auf eigene Kosten von Amsterdam nach Düsseldorf zurück. Er hat sich zur Kündigung des Reisevertrages gegenüber dem Reiseveranstalter berechtigt gesehen und dazu auf Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen verwiesen. Die Verordnung gewährt Fluggästen bei Verspätungen ab fünf Stunden einen Anspruch auf vollständige Erstattung der Flugscheinkosten, gegebenenfalls mit einem kostenlosen Rückflug zum Abflugort. Nach dem Wortlaut der Verordnung bestehen diese Ansprüche gegenüber dem ausführenden Luftfahrtunternehmen.
Mit der Klage hat der Kläger die Rückzahlung des vollen Reisepreises abzüglich einer vom Reiseveranstalter geleisteten Teilerstattung sowie die Begleichung der Kosten des Rückflugs nach Düsseldorf verlangt. In den Vorinstanzen hatte die Klage keinen Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Er hat seine bisherige Auffassung bestätigt, dass die Verordnung unmittelbar nur Ansprüche gegen das ausführende Luftfahrtunternehmen, nicht aber gegen den Reiseveranstalter begründet. Ihre Erstattungsregelung bei Verspätungen ab fünf Stunden sei auf reine Luftbeförderungsverträge zugeschnitten. Da Pauschalreisen komplexe Leistungen des Reiseveranstalters zum Gegenstand hätten, komme einer Flugverspätung dort nicht zwangsläufig das gleiche Gewicht zu. Dafür, ob der Reisende sich aus dem gesamten Reisevertrag lösen könne, sei vielmehr maßgeblich, ob die Reise erheblich beeinträchtigt und die Kündigung des Reisevertrages deshalb gerechtfertigt sei. Dies sei aufgrund einer Gesamtwürdigung zu beurteilen. Diese habe das Berufungsgericht vorgenommen und einen Kündigungsgrund rechtsfehlerfrei unter Berücksichtigung der Möglichkeit, dass der Kläger von der vierzehntägigen Reise einen oder maximal zwei Tage verpasste, verneint (BGH, Urteil vom 7. Oktober 2008 – X ZR 37/08).
Vorinstanzen: Amtsgericht München – Urteil vom 5. Juli 2007 – 275 C 10632/07; Landgericht München I – Urteil vom 22. Januar 2008 – 13 S 15198/07
Quelle: Pressemitteilung Nr. 187/08 vom 07.10.2008 auf www.bundesgerichtshof.de